Bereits Ende der 1980er (Brundtland-Bericht, 1987), Anfang der 1990er Jahre (Rio-Konferenz, 1992) firmierte der Begriff der Nachhaltigkeit als Leitbegriff für eine soziale, ökologische und zukunftsfähige Entwicklung. Ihren überstaatlichen, verbindlichen Höhepunkt fanden diese Überlegungen im Jahr 2015 – in der Verabschiedung der Agenda 2030 und mit ihr der Sustainable Development Goals (SDGs) und der Millennium Development Goals (MDGs). Den hier formulierten Zielen liegt die Überzeugung zugrunde, dass diese nur zusammen, als gemeinsame und internationale Anstrengung der gesamten Menschheitsfamilie zu erreichen sind.
Zu den 17 Zielen, die bis zum Jahr 2030 umgesetzt werden sollen, gehören: Keine Armut, keine Hungersnot, gute Gesundheitsversorgung, hochwertige Bildung, Gleichberechtigung der Geschlechter, sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen, erneuerbare Energie, gute Arbeitsplatze und wirtschaftliches Wachstum, Innovation und Infrastruktur, reduzierte Ungleichheiten, nachhaltige Städte und Gemeinden, verantwortungsvoller Konsum, Maßnahmen zum Klimaschutz, zum Schutz des Lebens unter dem Wasser sowie zum Schutz des Lebens an Land, Frieden und Gerechtigkeit, Partnerschaften, um die Ziele zu erreichen.
Natürliche Ressourcen sind ungerecht verteilt
Die 17 Ziele ließen sich natürlich um weitere ergänzen. Doch bereits bei den meisten glaubt man wohl, dass das doch Selbstverständlichkeiten sind. Dass doch schon etwas schiefgelaufen ist, wenn die Teilnehmenden des Weltgipfels der Vereinten Nationen in New York beschließen müssen, dass „sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen“ für alle Menschen von nun an zu den 17 im Fokus stehenden Zielen ihres politischen Handelns gehören sollen. Aber gerade am Beispiel „sauberes Wasser“ wird deutlich, wie ungerecht natürliche Ressourcen verteilt sind – und wie wenig wir das hierzulande wahrnehmen. Manche denken womöglich noch immer, dass dies schon so seine Richtigkeit habe. Einige meinen, sie hätten ein größeres Recht oder einen Vorrang im Zugriff auf natürliche Ressourcen. Dieses Denken ist Ergebnis der Ideologie, dass der Menschheit (oder einem Teil von ihr) Wasser „gehöre“. Diese Vorstellung widerspricht ganz grundsätzlich dem Gedanken, dass wir in unserer irdischen Existenz nur Gäste sind.
Nicht nur, aber vor allem unserem Glauben ist es immanent, zu wissen, dass wir uns weder selbst gehören noch irgendein Geschöpf oder gar dieser Planet unseren Besitz darstellt. Wir sind zu Gast auf dieser Erde. Es wurde uns aufgegeben, den Garten Eden zu „bearbeiten und zu beaufsichtigen“ (Gen 2,15). Diese Erde, die Gott für uns bereitet und lebensfreundlich gestaltet hatte, sie hat uns gastfreundlich aufgenommen. Wie dankbare Gäste behandeln wir sie allerdings ganz und gar nicht.
Planeten als "freies Geschenk" verstehen
Es ist ein zentraler Inhalt des christlichen Glaubens, dass alles, was ist, sich nicht selbst verdankt, sondern aufgrund der überbordenden Liebe und Gnade einer Schöpfergottheit ins Dasein gerufen und am Dasein erhalten wird. Papst Franziskus spricht in Laudato si 159 davon, unseren Planeten in der Logik des „freien Geschenks [zu verstehen, J. E.], das wir empfangen und weitergeben. […] Die Bischöfe Portugals haben dazu aufgefordert, diese Pflicht der Gerechtigkeit zu übernehmen: ,Die Umwelt ist in der Logik des Empfangens angesiedelt. Sie ist eine Leihgabe, die jede Generation empfängt und an die nächste Generation weitergeben muss.‘“
Weil nicht wir es sind, die uns oder gar unsere Mitwelt alleine hervorgebracht haben, sind wir – in der Sprache des Glaubens gesprochen – stets besitzlos. In der Schöpfungserzählung heißt es bildlich gesprochen, die Menschen seien Erdlinge, aus Humus geschaffen. Für alles andere, Lebensnotwendige, die essbaren Sträucher, das fließende Wasser, den fruchtbaren Boden, hatte Gott bereits gesorgt. Wäre dies allein nicht schon Grund genug für eine Haltung der Humilitas, der Demut? Den eigenen Blick zu weiten und sich für diejenigen einzusetzen, die nicht dieselben Privilegien genießen wie wir, und dabei zu verstehen, dass auch das, was uns zugutekommt, eine Haltung des Verdankt-Seins verlangt?