Petra Meyer streicht über den Rahmen des kleinen Fotos ihrer Tochter Eleni. Die Augen des Kindes sind geschlossen, der kleine Körper in eine Decke gewickelt. Neben dem Bild im Bücherregal von Meyers Wohnzimmer steht auch ein kleines Fotoalbum. Rund 50 Bilder ihrer Tochter hat die 43-Jährige darin gesammelt. Jedes einzelne zeigt Eleni als Neugeborenes. Älter ist sie nie geworden. Sie ist ein „Sternenkind“ – wurde von Petra Meyer tot geboren. Fünf Jahre ist das her. Kein Schrei eines neuen beginnenden Lebens war damals im Kreissaal zu hören. Es war eine sogenannte „stille Geburt“. Mehr als 3.000 solche Geburten gibt es jedes Jahr in Deutschland.
„Eigentlich war es eine ganz normale Schwangerschaft“, erinnert sich Meyer. Zuvor hatte sie schon eine Fehlgeburt erlitten, bei Eleni läuft aber zunächst alles planmäßig. Petra und ihr Mann freuen sich auf die Geburt ihrer ersten Tochter. Doch in der 36. Schwangerschaftswoche zieht sich eine Schlaufe in der Nabelschnur zum Knoten zu und unterbricht die Versorgung des Kindes. Bei einer vermeintlichen Routineuntersuchung können die Ärzte nur noch Elenis Tod feststellen. Augenblicklich ändert sich das ganze Lebe des Paares.
Menschen mit gleichem Schicksal
Hilfe findet Petra Meyer bei anderen Betroffenen. Nach der künstlich eingeleiteten Geburt besucht sie einen Rückbildungskurs für Sternenmütter, dann stößt sie über Infomaterial, das sie in der Klinik bekam auch auf den Verein „Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister“. Seit 30 Jahren hilft der Verein inzwischen Familien, die ein Kind verloren haben. „Ein pauschales Rezept für Erste Hilfe gibt es da zwar nicht“, sagt Astrid Gosch-Hagenkord, „aber es hilft den Menschen allein schon einen Raum zu haben, in dem sie so sein können, wie sie sind.“ Die 52-jährige Trauerbegleiterin ist für den Bereich „Sternenkindern“ bei den „Verwaisten Eltern“ zuständig. Vor 14 Jahren hat sie selbst eine Tochter in den letzten Wochen der Schwangerschaft verloren. Das Wissen um diese Erfahrung helfe vielen akut Betroffenen sich ihr zu öffnen, „mit all den ambivalenten Gefühlen, die dazu gehören“, sagt Gosch-Hagenkord.
In Einzelgesprächen und bei Treffen von Selbsthilfegruppen, bekommen die Betroffenen Hilfe mit ihrem Verlust umzugehen und werden bei ihrer Trauer unterstützt. Ein Ort, „an dem man einfach sein darf“, sagt Petra Meyer, „wo ich auch mit diesem Hadern, dass wir dieses Pech hatten und andere nicht, hingehen konnte“. Inzwischen kann sie dank des Vereins offen über den Verlust von Eleni sprechen. Darüber hinaus hilft sie auch anderen Betroffenen als Trauerbegleiterin bei den „Verwaisten Eltern“.