Im Dienst der katholischen Kirche stehen und dem Herrn dienen: Priester werden. Das wollte Max (*Name von der Redaktion geändert) als Jugendlicher. Nach seinem Theologiestudium hat sich der heute 33-Jährige dagegen entschieden. Die Vorurteile, mit denen er als engagierter Katholik zu kämpfen hatte, haben sich für ihn mit der Zeit nach und nach oftmals bestätigt. „Zum Beispiel Machtmissbrauch, Missbrauch als solcher oder Geldverschwendung. Das hat alles nichts damit zu tun, was ich eigentlich gesucht hatte“, erklärt Max seine Entscheidung gegen den Weg als Priester.
Kirchenaustritt erstmals eine Option
Sein Glaube ist ihm bis heute wichtig, doch mit der katholischen Kirche hat er seither ein zwiespältiges Verhältnis. Er will der Kirche trotzdem nicht ganz den Rücken zu kehren und entschied sich nach dem Studium für einen kirchlichen Arbeitgeber. „Ich bin dort den Hierarchien sehr nahegekommen und habe festgestellt, dass eigentlich nur ein blinder Gehorsam vorherrscht“, erzählt er. In der Theorie sei offene Kommunikation erwünscht gewesen, doch in der Praxis sei es anders verlaufen. „Das hat mich wahnsinnig gemacht“, ärgert sich Max noch heute. Wieder hadert er mit der Kirche. In dieser Zeit war ein Kirchenaustritt für Max das erste Mal eine Option. Eine Option, die bis heute noch nicht zur Realität geworden ist. Max beendet das kirchliche Arbeitsverhältnis und geht in eine andere Branche, doch der Zweifel an der katholischen Kirche bleibt. „Ich habe für mich festgestellt, dass diese Institution für viel Schlechtes verantwortlich ist. Dass es eigentlich nur um Macherhalt geht. Diese Verlogenheit hat mich sehr getroffen“, erinnert sich Max.
Gespräche bei der Glaubensorientierung
Mit solch enttäuschten Gefühlen ist Max nicht allein, weiß Jesuitenpater Pater Andreas Batlogg von St. Michael in der Münchner Innenstadt. Er gehört auch zur Abteilung Glaubensorientierung im Erzbistum München und Freising. Aber nicht nur in dieser Funktion, sondern auch als Priester führt er Gespräche mit Gläubigen, die an der Kirche zweifeln. „Ich höre einfach zu. Oft sind es gewaltige Dinge, die einen aufregen. Meist sind es Bischöfe, Finanzskandale, der Missbrauchs und die schleppende Aufarbeitung davon. Das wühlt die Leute auf“, sagt Pater Batlogg. Er könne verstehen, dass sich Gläubige die Frage stellen, ob sie Teil dieser Gemeinschaft sein wollen. Auch in seinem Familien- und Bekanntenkreis wenden sich Menschen von der katholischen Kirche ab. „Viele, die zur Kernschicht der katholischen Kirche gehören, sagen: ich habe die Schnauze voll, was mir weh und leid tut. Ich kann es aber zum Teil auch nachvollziehen“, reflektiert der Jesuitenpater. Für ihn persönlich sei die Kirche mehr als die Summe des persönlichen Versagens und ihrer Versager, „aber ich merke, dass dieses Argument längst nicht mehr bei allen zieht.“
Anzahl der Kirchenmitglieder in Deutschland sinkt
Auch die Kirchenaustrittzahlen zeigen, dass immer mehr Menschen die Kirchen verlassen. Für das Jahr 2021 haben sich dazu in der gesamten Bundesrepublik rund 360.000 Menschen entschieden, genau genommen sind es laut Statistik 359.338 Austritte. Die Katholiken machen mit 21.645.875 Kirchenmitgliedern und Mitgliederinnen nun 26 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. In Bayern traten vergangenes Jahr 100.872 Menschen aus der katholischen Kirche aus. 2019 waren es nur 78.309. Ein Trend nach oben ist deutlich zu erkennen.