Kirchenaustritt München

Kreisverwaltungsreferat: „Das Limit ist unsere Kapazitätsgrenze“

Immer mehr Menschen wollen die Kirche verlassen. Das Kreisverwaltungsreferat in München kann den vielen Nachfragen nicht nachkommen. Pfarrer Rainer Maria Schießler würde sich ein anderes Prozedere für den Kirchenaustritt wünschen.

Wer in München aus der Kirche austreten will, muss sich auf eine Wartezeit einstellen. Die Termine im Kreisverwaltungsreferat sind schnell vergeben. © IMAGO / Stefan M Prager

München – Seit Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens beobachtet das Kreisverwaltungsreferat München eine „sehr hohe Nachfrage nach Kirchenaustritten“, so KVR-Pressesprecher Johannes Mayer. Waren es vor Veröffentlichung in etwa 80 Austritte pro Arbeitstag, sei die Zahl seitdem auf 150 bis 160 gestiegen. „Die Nachfrage ist sicherlich dreimal so hoch, wie Anfang des Jahres, so Mayer. „Das Limit ist hier unsere Kapazitätsgrenze, vor allem beim Personal.“ Zwar habe man Öffnungszeiten verlängert uns setze mehr Personal ein, trotzdem sei es voraussichtlich nicht möglich, alle Austrittswünsche zeitnah zu bedienen und „ein Ende dieser Welle ist derzeit nicht abzusehen,“ so Mayer. Allein in diesem Jahr sind (Stand: 21.2.2022) 4.678 Menschen ausgetreten.

Pfarrer Schießler: Austritt soll in der Kirche nicht auf dem Amt passieren

Wer diesen Schritt in der Pfarrei von Rainer Maria Schießler unternimmt, muss im Anschluss mit Post vom Pfarrer rechnen. Er schreibe jedem einen persönlichen Brief, so Schießler. In diesem würde er sein Bedauern, aber auch die Hoffnung auf ein Gespräch ausdrücken und nicht zuletzt den Wunsch äußern, dass der Austritt nicht mit ihm als Person oder Pfarrer oder der Gemeinde zusammenhinge.

Bei zehn Briefen kommt es laut dem Pfarrer zu etwa zwei Gesprächen und da liege die „Trefferquote“ bei 60-70 Prozent, dass derjenige danach eine andere Sichtweise auf seine Entscheidung zum Kirchenaustritt hat. „Und das lässt mich immer mehr eigentlich überzeugt davon sein, dass die Austritte bei uns stattfinden müssten“, so Schießler. So hätte man die Chance zu reden und die eigene Position darzustellen. „Ich glaube, das wäre ein Gebot der Fairness, auch uns gegenüber.“ Der anonyme Austritt sei ein zu leichter Weg und Auseinandersetzung wichtig.  

Zahl der Kirchenaustritte steigt rasant 

In Zukunft dürfte viel Schreibarbeit auf Pfarrer Rainer Maria Schießler zukommen. Der langjährige Vergleich zeigt: die Zahl der Austritte steigt beständig an. Waren es laut KVR im Jahr 2000 in München knapp 9.000 Austritte, haben diesen Schritt im Jahr 2021 mehr als 22.000 Kirchenmitglieder getan.  

Die Autorin
Linda Burkhard
Radio-Redaktion
l.burkhard@michaelsbund.de