Warten auf die Abschiebung

Abflug in eine ungewisse Zukunft

Sie stehen vor einer Reise in eine Heimat, die ihnen fremd geworden ist: Asylsuchende, die aus Deutschland abgeschoben werden sollen. Karin Alt erlebt als Sozialpädagogin beim kirchlichen Dienst am Münchner Flughafen deren Sorgen und Nöte tagtäglich hautnah mit und weiß, welche Art von Hilfe sie brauchen.

Karin Alt steht als Mitarbeiterin der Flughafenseelsorge Asylbewerbern kurz vor ihrer Abschiebung mit Rat und Tat zur Seite. (Bild: Sankt Michaelsbund/Schulte) © Sankt Michaelsbund/Schulte

München - Zumeist sind es die letzten zwei Stunden auf deutschem Boden, die Karin Alt mit ihren Klienten am Flughafen München verbringt. Bewegende Szenen spielen sich ab, wenn diese Menschen dort auf die ihnen bevorstehende Abschiebung warten, bange Blicke sind in Richtung der Anzeigetafel mit den Abflugszeiten gerichtet. Es ist eine Reise in die Heimat, die doch für so viele keine Heimat mehr ist, weil sie sich längst ein Leben in Deutschland aufgebaut haben: „Die Kinder sind hier geboren, hier in den Kindergarten und zur Schule gegangen“, weiß Karin Alt. Die Sozialpädagogin des kirchlichen Diensts am Flughafen steht Ausländern, deren Asylantrag abgelehnt wurde, bei dem Schritt in diese „ganz ungewisse Zukunft“ beiseite. „Hier ist die letzte Möglichkeit, nochmal humanitäre Hilfe zu leisten“ betont Alt.

Sie hat ein offenes Ohr für die Nöte der Betroffenen, die oft aus Ländern des Westbalkans stammen, vermittelt hilfreiche Kontakte in der Heimat und stellt - wenn nötig - Kleidung zur Verfügung. Wenn jemand im Sommer mit kurzer Hose verhaftet werde und nach Ulan Bator (Mongolei) fliegen müsse, sei eine Hose und eine Jacke viel mehr wert als finanzielle Unterstützung. „Das sind oft für uns nur Kleinigkeiten, für denjenigen, den es betrifft, ist es aber eine riesige Hilfe“, weiß die Sozialpädagogin.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Die Reaktionen der von der Abschiebung Betroffenen seien ganz unterschiedlich. So liefen die seit Februar dieses Jahres forcierten Sammelrückführungen in Länder des Westbalkans wie dem Kosovo, Serbien, Montenegro, Albanien oder Mazedonien sehr geordnet ab. Bei Einzelpersonen, die etwa wieder nach Zentralafrika rückgeführt werden sollen, zeige sich bisweilen ein anderes Bild. Die erzwungene Rückkehr in die Heimat werde als persönliches Scheitern empfunden und die Nerven lägen in solchen Fällen blank, Auflehnung gegen die Polizei sei die Folge. Für Karin Alt gelte es dann erst einmal zu beruhigen. „Ich denke bei vielen stirbt die Hoffnung zuletzt“, so Alt; auch wenn ihre Klienten mehrmals die Aufforderung, das Land zu verlassen, erhalten hätten, sei der Glaube, doch noch bleiben zu dürfen, stärker als der Bezug zur Realität.

Bei ihrer Arbeit bewahrt sich Alt immer die nötige innerliche Distanz: „Mitgefühl ist ok, aber nicht mitleiden. Wenn ich mitleide, dann bin ich handlungsunfähig und kann niemandem mehr helfen.“ Wenn das Gesetz zuschlage, seien ihr letztendlich die Hände gebunden. In dem Wissen, den Flüchtlingen so gut wie möglich vor der Rückkehr in ihr Heimatland geholfen zu haben, schöpft Karin Alt jedoch neue Kraft für kommende Klienten. (taw)