Pfarrer über Fremdenhass in Heidenau

"Im tiefsten Herzen getroffen"

Vizekanzler Gabriel war schon dort, am Mittwoch will auch Kanzlerin Merkel nach Heidenau kommen. Fremdenfeindliche Gewalt hatte dort am Wochenende für Entsetzen gesorgt. Der katholische Pfarrer von Heidenau vertrat im Münchner Kirchenradio eine klare Meinung.

Fremdenfeindliche Ausschreitungen in Heidenau (Bild: imago/Christian Ditsch) © imago/Christian Ditsch

Heidenau/Berlin - Mit "Wut, Scham und Empörung" hat der katholische Pfarrer von Heidenau, Peter Opitz, auf die fremdenfeindlichen Ausschreitungen in seiner Stadt reagiert. "Brutale Gewalt, dazu noch organisiert, hat gar nichts mit Protest zu tun", sagte er dem Münchner Kirchenradio. In Heidenau, das in Sachsen liegt, war es am Wochenende zu rechtsextremen Ausschreitungen vor einem Flüchtlingsheim gekommen. Dabei wurden mehr als 30 Polizisten verletzt. Die Steine und Böller, die geworfen wurden, hätten auch ihn "im tiefsten Herzen" getroffen, so Opitz.

Aktuell sei Besonnenheit die wichtigste Tugend, betont der Pfarrer. Denn der Auftritt rechtsradikaler Gruppen rufe sofort auch immer eine Reaktion von linksextremen Kräften hervor. "Und dann schaukelt sich schnell die Gefahr hoch und wird zur Eskalation." Die katholische Pfarrei in Heidenau bestehe mehrheitlich aus Flüchtlingen und Heimatvertriebenen beziehungsweise deren Nachkommen. Es gäbe eine große Bereitschaft Flüchtlingen zu helfen, etwa beim Erlernen der deutschen Sprache oder beim Umgang mit den Behörden, sagte Opitz.

Merkel: Mitlaufen ist beschämend

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird die Flüchtlingsunterkunft in Heidenau am Mittwoch besuchen. "Es ist abstoßend, wie Rechtsextreme und Neonazis versuchen, rund um eine Flüchtlingseinrichtung ihre dumpfe Hassbotschaft zu verbreiten. Und es ist beschämend, wie Bürger, sogar Familien mit Kindern, durch ihr Mitlaufen diesen Spuk unterstützen", erklärte Merkel am Montag in Berlin. Es gebe keinerlei Rechtfertigung für Gewalt. Zuvor hatte es heftige Kritik am langen Schweigen der Kanzlerin gegeben.

Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) forderte eine konsequente Bestrafung der Täter. "Wir müssen Klarheit schaffen, man darf diesen Typen, diesem braunen Mob keinen Millimeter Raum geben", sagte der SPD-Chef, als er sich Montag vor Ort ein Bild von der Lage in der sächsischen Kleinstadt machte. Für dieses "Pack", so Gabriel wörtlich, könne es "nur eine einzige Antwort geben: Polizei, Staatsanwaltsschaft und für jeden, den wir fassen, auch Gefängnis." Wichtig sei, dass es zügig zu Verfahren und Verurteilungen komme.

Ökumenisches Gebet

Am Montagabend haben sich in Heidenau rund 200 Menschen zu einem ökumenischen Gebet getroffen. Kommenden Montag soll um 18.00 Uhr das nächste Friedensgebet in der 16.500-Einwohner-Stadt stattfinden. In der Nacht zum Dienstag blieb es ruhig um die von der Polizei bewachte Flüchtlingsunterkunft. In dem ehemaligen Baumarkt sind inzwischen mehr als 300 Flüchtlinge untergebracht. Insgesamt rund 600 Flüchtlingen soll er vorübergehend Obdach bieten. (ksc/cma/kna)