Evangelium

Gute Nachrichten in der Bibel

In Medien und Öffentlichkeit dominieren oft schlimme und schreckliche Nachrichten. Wer aber lieber Gutes hören will, der wird in der Bibel fündig.

Das Neue Testament beinhaltet für viele Gläubige eine Botschaft der Hoffnung. © Fotolia.com/YakobchukOlena

Jeden Tag um Punkt 20 Uhr beginnt sie mit dem Gongschlag: die Tagesschau. In einer Viertelstunde werden die Ereignisse des Tages kompakt zusammengefasst und für die Zuschauer aufbereitet. Wer wissen möchte, was sich im Laufe der letzten Stunden oder Minuten ereignet hat, muss nur eine der zahlreichen Nachrichtensendungen einschalten. Und wovon berichtet wird, das ist sehr vielfältig: Nachrichten über Krieg, Terror und Katastrophen finden dort genauso Raum wie Berichte über menschliches Versagen oder sportliche Erfolge. Nicht selten sagen deshalb Menschen: Wir hören und sehen oft nur die schlimmen und schrecklichen Nachrichten. Und tatsächlich: Vielleicht kommt die Berichterstattung über das Gute, das in unserer Welt geschieht, etwas zu kurz. Vielleicht wäre es besser, wir würden ab und zu mehr von dem abbekommen, was uns guttut, was uns Mut macht.

„Evangelia“ gab es in der Antike häufig

Unsere christlichen Gottesdienste sind freilich keine Nachrichtensendungen, obwohl auch sie mit dem Glockenschlag beginnen. Und doch hören wir auch in ihnen immer wieder einen Abschnitt aus einer Nachricht, nämlich der „guten Nachricht“. Evangelium nennen wir das, was wir in fast jedem Gottesdienst hören. Evangelium ist der griechische Ausdruck, der auf Deutsch so viel wie „gute Nachricht“ bedeutet. Und gute Nachrichten sind es wirklich, die uns in diesen Texten zugesagt werden. Denn sie handeln vom Kommen Gottes in unsere Welt in seinem Sohn Jesus Christus. Sie erzählen uns von der nahegekommen Gottesherrschaft, die sich bereits im Anbruch befindet. Und sie lassen uns immer neu auf Christus blicken, auf seine Taten und sein heiliges Leben. Das Evangelium lässt uns immer wieder erkennen: Wir sind erlöste Menschen, wir sind Menschen, die in Gottes Liebe leben dürfen. Wir können und dürfen das, weil Christus uns die Tür zum Vater geöffnet hat, weil er uns zuerst geliebt hat.

Das Evangelium gab es in der Antike häufig im Plural. Ursprünglich waren damit gute Nachrichten gemeint, die vom römischen Kaiser ausgingen. Besonders die großen römischen Festzeiten, wie Geburtstage oder die Jahrestage der Thronbesteigung eines Kaisers, wurden in der antiken Welt als Evangelia bezeichnet. Auch der Lebensraum Jesu gehörte damals zur Welt des römischen Imperiums. Und so ist es kein Wunder, wenn auch Jesus und die frühchristlichen Schriftsteller mit solchen Evangelia in Berührung gekommen sind. Doch schon beim Evangelisten Markus erfährt der Begriff Evangelium einen neuen Bedeutungsinhalt. Am Beginn seines Evangeliums schreibt er: „Nachdem Johannes ausgeliefert worden war, ging Jesus nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,14f)

Verkündigung des Gottesreiches

Evangelium, das meint für Markus jene Botschaft vom Gottesreich, die Jesus verkündet. Evangelium bezeichnet nun nicht mehr die gute Nachricht, die der römische Kaiser seinem Volk verkündet. Sondern ein Evangelium ist die Ansage der kommenden Gottesherrschaft und damit der neuen Welt, in der Gott alles in allem ist. Jesus verkündet diese Botschaft. Und Markus nennt sie Evangelium. Dieser Begriff hat nun nichts mehr mit dem Kaiser in Rom zu tun, er ist vielmehr verdrillt mit Christus und mit seiner Verkündigung des Gottesreiches. Das sind die zwei wesentlichen Komponenten, die den Begriff Evangelium von nun an prägen. Inhalt dieses Evangeliums sind deshalb auch nicht mehr Nachrichten von militärischen Erfolgen oder der Thronbesteigung eines neuen Kaisers. Inhalt des Evangeliums von Jesus Christus sind vielmehr die Geschichten aus dem Leben Jesu, in denen auf unterschiedliche Weise aufstrahlt, wie dieses Reich Gottes schon in dieser Welt präsent ist und wie es sich nach und nach weiter durchsetzt. Das Evangelium von Jesus als dem Christus ist letztendlich nichts anderes als die gute Nachricht vom endgültigen Sieg über den Tod und der Erhebung des Gottessohnes zur Rechten des Vaters. Das ist die gute Nachricht, die frohe Kunde schlechthin: Als Christinnen und Christen leben wir nicht mehr im Einflussbereich des Todes, sondern wir sind getauft auf das Leben Christi, wir haben Anteil an seinem Ostersieg.

Wer eine gute Nachricht hören will, der sollte öfters einmal die Bibel aufschlagen. Denn dort sind sie versammelt: die vielen Nachrichten, die darüber berichten, wie Jesus die Menschen geheilt hat, wie er das Gottesreich in Wort und Tat angekündigt und verwirklicht hat. Er kommt den Menschen nahe, er erlöst sie von allem, was böse und nicht heil ist, und lässt sie aufatmen zum ewigen Leben. Davon berichten uns die Evangelien. Sie sind deshalb für uns Menschen heute wirklich gute Nachrichten. Sie laden uns ein, zu hören und zu handeln. Denn wenn wir so handeln, wie es Christus getan hat, wird auch unsere Welt voller an guten Nachrichten, die wir uns einander erzählen können. (Fabian Brand, Theologe und Publizist)