Gregor Schweizer über seine Berufung

Priestertum: Kein Kurzstreckenlauf, sondern ein Marathon

Vier Jahre nach seiner Priesterweihe erzählt Gregor Schweizer, was sich in dieser Zeit für ihn verändert hat. Wie er seine Ideale teilweise über Bord geworfen hat und warum er seine Entscheidung trotzdem nicht bereut.

Pfarrvikar Gregor Schweizer im Gräfelfinger Pfarrgarten © SMB/Erdmann

Gräfelfing – Es ist einer der ersten warmen Sommerabende. Gregor Schweizer trifft letzte Absprachen mit seinem Mitbewohner. Schweizer sitzt auf einem weißen Metallstuhl im Schatten unter einem Baum, während sein Gesprächspartner – ein angehender Priester aus Wien – vom Balkon ein Papierflugzeug auf ihn wirft. Beide lachen. Im Hintergrund hört man leise Autos auf der Straße in Gräfelfing fahren und Hühner, die im Pfarrgarten gackern. Der Duft von Holunderblüten ist zu riechen. Vier Jahre sind vergangen, seitdem Gregor Schweizer zum Priester geweiht wurde.

Inzwischen ist er im katholischen Pfarrverband Gräfelfing als Pfarrvikar tätig. Er strahlt: „Es geht mir sehr gut und ich bin froh, dass ich vor vier Jahren diese Entscheidung getroffen habe.“ Ihm sei bewusst, dass das Priestertum auch seine Herausforderungen mit sich bringe, an denen er jedoch mehr und mehr wachsen könne. Vor allem erlebe er vor Ort, dass die Kirche sehr stark im Wandel sei. Als junger Priester im Alter von 33 Jahren in einem interessanten Team mit dabei sein zu dürfen, sei schön, aber auch eine Herausforderung.

Die Kräfte sind begrenzt

Sich einzugestehen, dass er im Berufsalltag auch an seine Grenzen komme, war bisher seine größte Herausforderung. Da helfe ihm ein Zitat, dass ihm ein Priester mal gesagt habe: „Priestertum ist kein Kurzstreckenlauf und kein Sprint, sondern ist ein Langstreckenlauf, ein Marathon.“ Denn auch seine Kräfte seien begrenzt und er müsse in Zukunft lernen, auch öfter „Nein“ zu sagen. Auch wenn das am Anfang schwer sei, da er als Berufsanfänger voller Kraft, Energie und Elan stecke. Schweizer geht nicht davon aus, dass das bereits alles aufgebraucht sei, aber er merke, dass er besser damit haushalten müsse.

In den vergangenen vier Jahren sei er reifer geworden, so Schweizer. „Auch wenn ich nach vier Jahren Priestertum die Weisheit nicht mit dem Löffel gegessen habe“, schmunzelt der Pfarrvikar. Vieles sieht er inzwischen gelassener. Auch ein paar seiner Vorstellungen musste er über Bord werfen. Dennoch würde er nicht behaupten, dass alle seine Ideale an der Realität zerschellt seien. Aber er sei in einigen Dingen gelassener geworden, einmal in Bezug auf sich selbst, innerhalb der Gemeinde und vor allem im Bereich der Jugendarbeit, da diese nicht immer einfach gewesen sei. Über das gewachsene Vertrauen bei den Gläubigen ist Schweizer dankbar, auch wenn das Zeit gebraucht habe.

Ein Wegbegleiter bei Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen

Vieles entspreche dem, wie er sich den Beruf des Priesters vorgestellt habe, auch wenn er in vieles habe hineinwachsen müssen. Vor allem in der Trauerseelsorge oder Trauerbegleitung könne man vorher theoretisch vieles hören, aber wenn man wirklich vor Trauernden stehe, dann sei es in der Situation nochmal etwas anderes, beschreibt Schweizer. „Meine Ideale haben sich nicht alle erfüllt, aber ich würde sagen, ich wachse immer mehr in die Rolle des Priesters, in die Berufung hinein.“ Auch die Berufung für eine Ehe sei eine schöne Berufung, die er sich lange gut hätte vorstellen können. Die Sehnsucht, Priester zu werden, sei bei ihm persönlich größer gewesen. Junge Menschen auf ihrem Glaubensweg begleitet zu dürfen, sei für ihn erfüllend. Er sieht sich als ein Wegbegleiter bei Taufen, Hochzeiten oder Trauer. Und das zu spüren, dass die Menschen froh und dankbar sind, dass ein Priester da ist, der sie begleitet, bereite ihm Freude. „Die Entscheidung, Priester zu werden, war auf jeden Fall die richtige Entscheidung.“

Zölibat bedeutet nicht Einsamkeit

Im Gräfelfinger Pfarrhaus lebt er in einer WG, für ihn sei das ein Heimkommen wie in einer Familie, in der er Rückhalt spüre. In diesem Zusammenhang betont Schweizer: „Der Mangel an Priesternachwuchs macht mich nachdenklich, weil ich sehe, es bräuchte in vielen Punkten eine Veränderung. Angefangen bei der Ausbildung oder bei der Glaubensvermittlung.“ Damit der Beruf des Priesters wieder attraktiver wird, müssten junge Menschen Priester erleben, die authentisch und voller Freude wirken, so der 33-Jährige. Der Zölibat bedeute für ihn keine Einsamkeit. Er lebt in einer Gemeinschaft und das koste wie in einer Beziehung auch Kraft und habe etwas mit Hingabe zu tun. Er sieht das Priestertum nicht als Einzelkämpfer-Dasein, sondern als ein Leben in Gemeinschaft.

Hoffnung macht ihm die diesjährige Priesterweihe von drei Mitbrüdern im Erzbistum München und Freising und das seelsorgerische Wirken im Gottesdienst. Ganz unkompliziert läuft sein Alltag aber nicht: „Natürlich habe ich immer wieder Zweifel.“ Dennoch glaubt er, dass derjenige, der Zweifel hat, auch vieles hinterfragt und nicht stehen bleibt.

Volontärin
Pauline Erdmann
Münchner Kirchenzeitung
p.erdmann@michaelsbund.de