Melanie Wolfers

Ordensfrau mit Leidenschaft für Lebensthemen

Als einziges katholisches Kind in der Schulklasse in Flensburg aufgewachsen, weiß Ordensfrau und Autorin Melanie Wolfers Glaubensthemen in Alltagssprache zu übersetzen und damit auch in nichtkirchlichen Milieus zu punkten.

„Zuversicht kann eingeübt werden“, sagt Melanie Wolfers. © Kiderle

Sie ist, um es gleich vorweg zu sagen, keine einfache Persönlichkeit – und das ist durchaus als Kompliment gemeint. Denn als Ordensfrau und Buchautorin, Theologin und Philosophin, Seelsorgerin und Mutmacherin, Beraterin und Vortragsrednerin, Podcasterin und – wie sie es selbst zusammenfasst – Mundwerkerin tritt Melanie Wolfers gleich mit einer ganzen Palette von anspruchsvollen Tätigkeiten in Erscheinung. Auf meine Bitte, sich für unsere Begegnung in München einen Ort auszusuchen, der ihr etwas bedeutet und sich für ein Gespräch über Gott und die Welt eignet, wählt Wolfers nicht etwa eine Kirche aus, sondern den Eisbach im Englischen Garten. Als es dann so weit ist und wir unweit von der berühmten Surferwelle miteinander ins Gespräch kommen, wird schnell klar, dass das eine gute Wahl war: Der Spaziergang am kraftvoll dahinströmenden Wasser ist ein stimmiger Rahmen für die Themen, die wir besprechen werden.

Ordensfrau spricht Sprache des Alltags

Melanie Wolfers, die das einzige katholische Kind in ihrer Schulklasse in Flensburg war, hat vier Jahre in München verbracht. Sie studierte dort Philosophie und Theologie, arbeitete als Hochschul-Seelsorgerin – und, wie sie mir lachend verrät, hüpfte im Sommer gern in den Eisbach, um sich vom Wasser treiben zu lassen. Dann aber entschloss sie sich, dem Orden der Salvatorianerinnen in Österreich beizutreten, und lebt seither in Wien. Aus ihrem Herzensanliegen, sich „den großen Fragen des Lebens zu stellen“ und den Menschen zu helfen, „kraftvoller, freier, beziehungsreicher zu leben“, gingen in den vergangenen Jahren neben Vorträgen und Zeitschriftenkolumnen auch mehrere erfolgreiche Bücher hervor.

Während wir dem Lauf des Eisbachs in den Park hinein folgen, frage ich, wie die vielfältigen publizistischen Ambitionen mit dem Ordensleben zusammenpassen. Wolfers klärt mich auf, dass die Salvatorianerinnen kein kontemplativer Orden sind und auch nicht in Klausur leben. Und sie findet, dass das, was sie tut, sogar sehr gut zur Weisung des Ordensgründers passt, das Wort Gottes „von den Kanzeln der Welt“ aus zu verkünden. Das dafür unerlässliche Werkzeug der Sprache beherrscht die Theologin souverän, sie weiß sich mal akademisch, mal in der zwanglossaloppen Sprache des Alltags auszudrücken. Immer spürt man dabei ihre Leidenschaft für Lebensthemen, für Praktisches statt Theoretisches, für Konkretes statt Abstraktes.

Unterwegs in nichtkirchlichen Milieus

Wolfers weiß, dass sie viele Leserinnen und Leser hat, die nicht gläubig sind – sie ist ganz bewusst in nichtkirchlichen Milieus unterwegs und trifft dort, wie sie sagt, auf „viele Menschen mit spirituellem Bedürfnis“. Auf theologisches Vokabular verzichtet sie weitgehend – und äußert sich auch generell nur ungern über Kirchenthemen, weil sie, wie sie mit einem schmerzlichen Lächeln sagt, „ihre Energie konstruktiv einsetzen will“. „Ich leide an meiner Kirche“, räumt sie ein, und es braucht nicht viel Fantasie, um zu verstehen, dass sie den permanenten Windmühlenkampf gegen eine männlich und klerikal dominierte Amtskirche nicht für aussichtsreich hält.

Was bedeutet ihr eigentlich der Katholizismus? Sie lässt keinen Zweifel: „Ich bin eine katholische Ordensfrau.“ Und bekennt, dass die Kirche ihr viel Halt gebe und einen „unglaublichen spirituellen Schatz“ durch die Zeit trage. „Aber dann“, und an dieser Stelle geht sie gedanklich von ihren katholischen Grundlagen in die offene Lebenswirklichkeit der Menschen hinaus, „weitet es sich sofort!“ Und kritisiert das traditionelle kirchliche, oftmals konfessionell eingeengte Denken und Sprechen.

Glaubensinhalte aus der Lebenserfahrung erklären

Auf die Frage, wie wir denn von Gott reden können, antwortet Wolfers mit besonders eindringlicher Stimme und kraftvollen Gesten: Wir müssten „neue Worte finden“, eine „bildreiche Sprache“ verwenden, die „von vielen geprägt und aus der Lebensrealität vieler Menschen gespeist“ sei. Formelhafte Dogmen seien „geronnene Glaubenserfahrungen“ und als solche nicht Ursprung, sondern Ausdruck des Glaubens, sie müssten „wieder flüssig gemacht werden“. Die Heilige Dreifaltigkeit etwa würde sie weniger von theoretischen Überlegungen her, sondern lieber aus der Lebenserfahrung zu erklären versuchen: den Vater aus dem Gespür, dass die Welt in der Tiefe gut und sinnhaft ist, den Sohn aus der Begegnung im Mitmenschen, den Heiligen Geist aus der inneren Stimme des Gewissens.

Bei alledem strahlt die Salvatorianerin viel Humor, Tatendrang, Selbstsicherheit und Zuversicht aus. Letztere ist auch ihr großes aktuelles Thema, das sie im Buch „Zuversicht – Die Kraft, die an das Morgen glaubt“ beleuchtet. Sie grenzt sich darin von einem „naiven Optimismus“ ab, der Negatives ausblendet, und wirbt dafür, trotz der Brüche im eigenen Lebenslauf und des unvermeidlichen Leids der Welt Mut zu fassen und auf die Suche nach neuen Möglichkeiten zu gehen.

Am Ende unseres Spaziergangs ist mir einiges klarer geworden. In den vielen Facetten ihres Wirkens singt Melanie Wolfers letztlich ein Loblied auf das Leben – kein romantisierendes Loblied, sondern eines, das die Härten der menschlichen Existenz im Blick behält und von einer unerschrockenen Kampfeslust gegen das Aufgeben geprägt ist. Und dann sind da zwei Sätze, die mir nicht aus dem Kopf gehen wollen: „Christsein geht nur ökumenisch“, sagte sie, und „weltabgewandt passt nicht zum Christentum“. Dass mir ausgerechnet eine katholische Ordensfrau diese beiden Gedanken mitgeben würde – damit hatte ich nicht gerechnet.

Buchtipp

Zuversicht - Die Kraft, die an das Morgen glaubt

Mehrere Krisen haben in den letzten Jahren unsere Welt erschüttert und bei vielen das Gefühl von Ohnmacht und Ratlosigkeit hervorgerufen. Wie kann es uns gelingen, persönlich wie auch als Gesellschaft, diese lähmenden Gefühle zu überwinden und nach Lösungen für die Probleme zu suchen? Melanie Wolfers, Seelsorgerin und Bestsellerautorin mit Lebenshilfe-Ratgebern, ermutigt mit ihrem Buch dazu, der Zukunft einen gewissen Vertrauensvorschuss entgegenbringen. Sie tritt ein für eine Zuversicht in unserem Alltag, die mehr ist als ein blinder Optimismus, der die Härten des Lebens leugnet, für eine Zuversicht, die in der Lage ist, in der Krise Chancen zu entdecken.

14 € inkl. MwSt.

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Der Redakteur
Joachim Burghardt
Münchner Kirchenzeitung
j.burghardt@michaelsbund.de