Zuversicht stärken

Mit Erfahrung durch schwierige Situationen kommen

Der Gedanke "Ich kann das nicht!" prägt unser Denken genauso wie der Satz "Ich schaffe das!". Salvatorianerin und Buchautorin Melanie Wolfers erklärt, wie wir aus vergangenen Herausforderungen lernen und unser Denken damit stärken.

Sätze, die wir innerlich wiederholen, prägen unser Fühlen, Denken und Verhalten. © fidaolga - stock.adobe.com

Mit einem leichten Schauder, aber mit noch mehr Dankbarkeit und Freude erzählt eine Frau von den zurückliegenden Jahren, in denen so viel Belastendes zusammengekommen war: der Hausbau, das zweite Kind, berufliche Herausforderungen und dann noch die Mutter, die krank wurde … Manchmal wusste sie weder ein noch aus, doch schließlich hatte sie gemeinsam mit ihrem Mann die Situation gemeistert.

Wie diese Frau bringen wir alle viele Kompetenzen mit, die wir uns im Laufe unseres Lebens im Umgang mit schwierigen Situationen angeeignet haben. Sich diesen Schatz in Erinnerung zu rufen, baut auf. Denn wenn wir uns vergegenwärtigen, welche Krisen wir schon überstanden und bestanden haben, und wenn wir uns die kleinen und großen „Wunder“ unseres Lebens ins Gedächtnis rufen, dann stärkt dies in mehrfacher Hinsicht unsere Zuversicht.

Erfahrungen der Vergangenheit

Erstens: Die Einsicht „Ich bin mit dieser Sache ganz gut klargekommen“, vertieft das Vertrauen in sich selbst und die Fähigkeit, dem Leben gewachsen zu sein. Entsinnt man sich gemeisterter Lebenssituationen, dann weckt dies Freude und vielleicht auch Stolz. Und es stärkt die Zuversicht, dass einem Ähnliches auch heute möglich ist. Ebenso wichtig ist, sich zu vergegenwärtigen, in Krisen Hilfe erfahren oder Schwierigkeiten gemeinsam mit anderen bewältigt zu haben.

Vertrauen baut auf die Erfahrungen der Vergangenheit. Indem Sie auf die Vorratskammer an guten Erinnerungen zurückgreifen, nähren Sie Ihr Vertrauen in andere, in sich selbst, in das Leben und – wenn Sie sich als spiritueller Mensch verstehen – in seinen göttlichen Grund. Zugleich stärkt das gewachsene Vertrauen Ihre Zuversicht und Ihre Fähigkeit, sich gemeinsam mit anderen zu engagieren.

Sinn für Alternativen

Zweitens: Rufen Sie sich Ihre Kräfte und Problemlösungen ins Gedächtnis, dann hilft dies, um gegenwärtige Herausforderungen und Aufgaben zu bestehen. Sie können auf Bewährtes zurückgreifen, Schlüsse für die Zukunft ziehen und Handlungsspielräume entdecken.

Und schließlich vollzieht sich in all dem ein – oft unmerklicher – Perspektivenwechsel: Anstatt nur auf das Problem zu starren oder sich als „armes Hascherl“ zu fühlen, weitet sich der enge Blick. Wir kultivieren einen Sinn für Alternativen, und vor allem begrenzen wir das Gefühl der Ohnmacht. Erinnernd vergewissern wir uns unserer Lebenskraft. Wir spüren Selbstwirksamkeit.

Ausschnitte aus  Melanie Wolfers Buch "Zuversicht – Die Kraft, die an das Morgen glaubt" erscheinen in den nächsten Wochen als Serie "Beherzt leben" auf der Plattform "Innehalten - Glaube & Spiritualität für mich".

Wiederkäuen hilft

Auf den Punkt gebracht: Hoffen ist Erinnern in die Zukunft hinein! Haben Sie schon einmal einer Kuh beim Grasen zugeschaut? Wieder und wieder kaut sie das einmal gefressene Gras, um es gut zu verwerten. Das Bild vom Wiederkäuen findet sich von alters her in der christlichen Spiritualität – und heute auch in der Psychologie. Es macht darauf aufmerksam: Sätze, die wir innerlich ständig wiederholen, prägen unser Fühlen, Denken und Verhalten. Offenkundig ist dies bei kleinmachenden oder ängstigenden Sätzen wie „Das kann ich nicht!“ oder „Das bringt doch nichts!“

Genauso entfalten auch heilsame Sätze ihre Wirkung; sie prägen und verändern von innen her. Christinnen und Christen machen sich beispielsweise biblische Vertrauensworte zu eigen. In einem ruhigen Rhythmus wiederholen sie murmelnd oder in Gedanken einen Satz – etwa einen Psalmvers wie: „Du bist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten?“ (vgl. Psalm 27,1) Oder: „Du bist meine Zuversicht.“ (Psalm 71,5) Aus dem wiederkehrenden Rezitieren eines Satzes hat sich sogar eine eigene Gebets- und Meditationsform entwickelt, die bezeichnenderweise „ruminatio“ genannt wird (lat. = Wiederkäuen). (Der Text ist entnommen aus Melanie Wolfers Buch „Zuversicht – Die Kraft, die an das Morgen glaubt“. Die Autorin ist Salvatorianerin, Theologin, Philosophin, Seelsorgerin, Rednerin und Bestsellerautorin.)

Praxistipp

Suchen Sie einen Ort auf, an dem Sie ungestört sind. Schalten Sie Ihr Handy und andere mögliche Störfaktoren aus. Entscheiden Sie, wie viel Zeit Sie sich für die Meditation gönnen wollen, und stellen Sie sich vielleicht einen Wecker. Gibt es einen kurzen positiven Satz, eine Liedzeile, einen biblischen Vers … – gibt es etwas, das Sie erahnen lässt: Ich bin im Großen und Ganzen geborgen? Wählen Sie für die folgende Meditation einen Satz aus, der in Ihnen Vertrauen weckt. Nehmen Sie eine Körperhaltung ein, in der Sie aufmerksam und präsent da sein können. Versuchen Sie, Ihren Körper wahrzunehmen. Achten Sie auf Ihren Atem, wie er kommt und geht. Ohne dass Sie etwas daran ändern wollen.

Wiederholen Sie im regelmäßigen Rhythmus innerlich „Ihren“ Vertrauenssatz. Sagen Sie ihn wieder und wieder, wie ein Mantra. Wenn Ihre Gedanken abschweifen (was ziemlich normal ist!), kehren Sie zur Beobachtung Ihres Atems und dann zu dem Vertrauenssatz zurück. Wenn es Ihnen entspricht, beenden Sie die Meditation mit einem persönlichen Gebet. Das Schöne an dieser Meditation: Sie können sie jederzeit und überall praktizieren: ob beim Warten auf den Zug, bei einem Spaziergang oder in unruhigen Nächten.

Buchtipp

Zuversicht - Die Kraft, die an das Morgen glaubt

Mehrere Krisen haben in den letzten Jahren unsere Welt erschüttert und bei vielen das Gefühl von Ohnmacht und Ratlosigkeit hervorgerufen. Wie kann es uns gelingen, persönlich wie auch als Gesellschaft, diese lähmenden Gefühle zu überwinden und nach Lösungen für die Probleme zu suchen? Melanie Wolfers, Seelsorgerin und Bestsellerautorin mit Lebenshilfe-Ratgebern, ermutigt mit ihrem Buch dazu, der Zukunft einen gewissen Vertrauensvorschuss entgegenbringen. Sie tritt ein für eine Zuversicht in unserem Alltag, die mehr ist als ein blinder Optimismus, der die Härten des Lebens leugnet, für eine Zuversicht, die in der Lage ist, in der Krise Chancen zu entdecken.

14 € inkl. MwSt.

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