Erntedank

Ein Mönch über gutes Brot und Schneid beim Backen

Bruder Bonifatius Holzmann aus der Oberpfälzer Benediktinerabtei Plankstetten spricht über blaues Getreide, wilde Aromen und Vollkornbrot, das auch Kinder mögen. Und er erzählt, warum er bei den Plätzchenzutaten zu mehr Mut rät.

 

Bruder Bonifatius Holzmann backt regelmäßig in der Backstube Brot. © kna

Überall wird jetzt gepflückt, gesammelt und gedroschen. Der Sommer geht, der Herbst kommt - und mit ihm das Erntedankfest am 1. Oktober. Zu diesem Anlass hat die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) ein Interview mit einem Bäckermeister geführt, der angewiesen ist auf das Korn, das dieser Tage eingefahren wird. Bruder Bonifatius Holzmann (53) aus der Oberpfälzer Benediktinerabtei Plankstetten spricht über blaues Getreide, wilde Aromen und Vollkornbrot, das auch Kinder mögen.

Bruder Bonifatius, was macht ein gutes Brot aus?

Holzmann: Darauf gibt's keine allgemeingültige Antwort - dafür sind die Geschmäcker zu verschieden. Die einen mögen mehr Vollkorn, die anderen lieber Helles. Ein Handwerksbäcker hat aber schon a weng einen besonderen Charme.

Das müssen Sie natürlich sagen.

Holzmann: Freilich! Aber es ist ja so: Beim Handwerksbäcker schmeckt anders als beim Industriebäcker nicht alles gleich, da hat jedes Brot einen eigenen Charakter. Wobei ich schon betone: Die Industrie bemüht sich auch, gute Nahrungsmittel zu produzieren. Nur sind da zum Beispiel die Absatzzahlen ganz andere, die Produkte sollen auch länger halten. Deshalb braucht's da mehr Konservierungsmittel als bei uns, die wir oft nur für den nächsten Tag arbeiten. Da kommt dann etwa Zucker in die Backwaren. Das sollte man schon wissen, wenn einem an gesunder Ernährung gelegen ist.

Nun ist Erntedankzeit. Backen Sie da anders als sonst?

Holzmann: Auf jeden Fall mehr. Denn bei uns im Kloster veranstalten wir immer am letzten Septemberwochenende einen Erntedankmarkt. Und freilich backen wir auch ein Extrabrot für den Erntedankgottesdienst in unserer Kirche. Erntedank ist bei uns auf dem Land ein sehr präsentes Fest. Für uns Klosterbrüder ist es noch einmal wichtiger - denn unsere Abtei hat vor rund 30 Jahren auf ökologische Landwirtschaft umgestellt. Da ist man der Natur wegen der strengeren Vorgaben etwa zu Gift und Dünger doch mehr ausgeliefert als im konventionellen Bereich. So oder so muss man das Wetter so nehmen wie's kommt.

Das heißt?

Holzmann: Wenn's so viel regnet wie dieses Frühjahr - da leidet der Bäcker schon mit. Denn viel Regen bringt Auswuchs ins Getreide. Die Körner geraten vorzeitig in Keimstimmung und sind dadurch schlechter zum Backen geeignet. Da hilft dann kein Hadern mit dem Herrgott, da ist dann handwerkliches Geschick gefragt, was den Beruf ja erst reizvoll macht.

Was für Geschick?

Holzmann: Zum Beispiel, dass man das neue Getreide mit besserem Korn vom Vorjahr mischt. Man muss auch schauen, wie man schießt.

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Holzmann: Schießen nennen wir Bäcker das Einbringen des Teiglings in den Ofen. Das geht auf einem Backbrett. Mit einem Ruck - also schnell wie ein Schuss - zieht man das Brett dann wieder aus dem Ofen raus, sodass der Teigling auf dem Backstein liegen bleibt. Das kann man in Bezug auf die Aufgehzeit des Teiges früher oder später machen. Je nachdem ändert sich das Backergebnis, und dadurch kann man auch Aufwuchsgetreide noch verwerten.

Sie haben den Herrgott schon angesprochen: Inwiefern hat Backen für Sie mit dem Glauben zu tun? Und backen Sie eigentlich auch Hostien?

Holzmann: Hostien nicht, dafür sind wir nicht eingerichtet. Wir machen schon auch Semmeln und Feingebäck, aber unser Hauptding ist das Brot. Davon backen wir in der Woche etwa 3.500 Stück, das meiste geht an Läden in der Region. Dass ich backen kann, verdanke ich dem Schöpfer der Gaben. Daran erinnere ich mich auch dadurch immer wieder, dass ich beim Backen selbst a weng Schöpfer spielen darf - ich schaffe ja aus erst mal unbekömmlichem Korn ein neues Lebensmittel, das der Mensch dann genießen kann. Außerdem ist für uns als Christen und zumal als Mönche mit ökologischer Landwirtschaft der Schutz der Schöpfung wichtig.

Wie kommt das beim Backen zum Tragen?

Holzmann: Wir nutzen zum Beispiel den Emmer, ein Urgetreide. Der war hierzulande zwischen den Weltkriegen mehr oder weniger ausgestorben, weil er zwar hochwertiges Korn liefert, aber einen relativ geringen Ertrag. Außerdem hat er hohe Halme, was die Ernte erschwert. Wir bauen ihn trotzdem an, um die biologische Vielfalt zu erhalten. Und er macht ja - fein gemahlen - auch ein tolles Brot: ein Vollkornbrot ganz ohne Körner, Kinder lieben das! Und kommen Sie mal kurz vor der Ernte her: Dann färbt sich der Emmer bläulich, das gibt ein wunderschönes Bild!

Als Bäcker können Sie das aber kaum bestaunen. Sie arbeiten ja nachts und ruhen am Tage. Wieso haben Sie sich diese harte Arbeit ausgesucht?

Holzmann: Na, ich verschlaf nicht den ganzen Tag! Aber ja, mein Tag beginnt um 23.30 Uhr, irgendwann vormittags mach ich Feierabend. Dann schlaf ich erst mal zwei, drei Stunden, steh wieder auf, und abends leg ich mich noch mal für drei, vier Stunden hin. Das passt schon, mir kommt's nicht so anstrengend vor. Und Bäcker bin ich geworden, weil mir das Schulpraktikum in dem Bereich so gut gefallen hat. Ich mach's heut noch gern, nach über 30 Jahren.

Wie bringen Sie Ihren Rhythmus mit dem Klosterleben in Einklang?

Holzmann: Manchmal gar nicht. Bei den ersten Gebeten am Tage bin ich meistens nicht dabei. Das macht aber nix. Alle wollen ja ihr Brot essen, und irgendwo muss es herkommen.

Es gibt ja das Sprichwort "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing". Sind Ihre Mitbrüder alle immer nett zu Ihnen?

Holzmann: Sowieso. Also da gibt's schon mal ein Extralob für ein besonders gelungenes Brot. Aber auch eine Rückmeldung, wenn was angebrannt ist oder zu viel Salz hat.

Je kürzer und kühler die Tage nun werden, desto besser schmeckt Süßes aus dem Ofen. Wie backt man gute Kekse?

Holzmann: Da gilt wie beim Brot: Die Geschmäcker sind verschieden. Ich rate: ruhig mal etwas Mut bei den Plätzchenzutaten! Wir machen zum Beispiel "Nervenkekse", da kommen entspannende Gewürze rein: Muskat, Zimt und Nelken. Mit solchen Aromen kann man wild experimentieren. Wenn's nicht schmeckt, merkt man's schon. Wenn doch: Rezept aufschreiben! (kna)