Traditionell im Herbst

Erntedank – ein Fest für alle

Am 1. Oktober wird wieder Erntedankfest gefeiert. Termin, Form und Ausgestaltung dieses Festes haben sich im Laufe der Zeit zwar vielfach gewandelt, doch die Schönheit und Strahlkraft seines Grundgedankens sind ungebrochen.

Der Dank für die geernteten Feldfrüchte steht im Mittelpunkt des Erntedankfestes im Herbst. © Henrike - stock.adobe.com

Was wird beim Erntedankfest gefeiert?

Wie der Name schon sagt, steht beim Erntedankfest zunächst der Dank für die geernteten Feldfrüchte im Mittelpunkt. Im weiteren Sinne wird an Erntedank generell für alles, was uns Menschen nährt, kräftigt und am Leben hält, gedankt. Neben dem unmittelbaren Bezug auf die Schätze der sommerlichen und herbstlichen Ernte gerät in der christlichen Tradition also auch das ganzjährig Tagesgeschehen in den Blick: Am Erntedankfest kommt gewissermaßen die Bitte im Vaterunser „Unser tägliches Brot gib uns heute“ zur Erfüllung.

Wann ist Erntedankfest?

Der Termin des Erntedankfests variierte über die Jahrhunderte. Einerseits, weil je nach geografischer Lage und Klima zu unterschiedlichen Zeiten geerntet wurde, andererseits, weil sich die Erntezeit auch an ein und demselben Ort immer über Monate erstreckte. In der katholischen Kirche gilt seit einer Festlegung der Deutschen Bischofskonferenz 1972 der erste Sonntag im Oktober als Termin für das Erntedankfest: Das ist 2023 der 1. Oktober. Auch die Protestanten, die ursprünglich oft an Michaeli, dem 29. September, oder dem darauffolgenden Sonntag (der auch noch im September liegen konnte!) feierten, folgen mittlerweile überwiegend dieser Regel. Doch auch andere Termine sind je nach lokaler, kirchlicher oder nationaler Tradition üblich.

Wer feiert Erntedank?

Kulthandlungen und Feierlichkeiten zum Dank für die eingebrachte Ernte gab es zu allen Zeiten und in den meisten Kulturen und Religionen. Somit ist das Erntedankfest keine christliche Erfindung. Bereits im Alten Testament heißt es: „Wenn dich der Herr, dein Gott, in allem gesegnet hat, in deiner Ernte und in der Arbeit deiner Hände, dann sollst du wirklich fröhlich sein“ (Dtn 16,15) – in diesem Sinne feiern die Juden bis heute das Herbstfest Sukkot, das sogenannte Laubhüttenfest, das ursprünglich als „Fest des Einsammelns“ bezeichnet wurde. Verstanden als allgemeiner Dank für erfahrenes Gutes, Sättigung und Fülle ist Erntedank heute ein Fest, das ohne komplizierten theologischen Hintergrund von allen Menschen leicht verstanden werden kann und interkulturelle Anknüpfungspunkte bietet.

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Ist Thanksgiving das Gleiche wie das Erntedankfest?

Zuweilen scheint es, als würde dem hiesigen Erntedankfest ein wenig von Thanksgiving, der aus den Medien mittlerweile bekannten amerikanischen Variante, der Rang abgelaufen. Aber ist Thanksgiving wirklich nur die englischsprachige Version des Erntedankfests? Ja und nein. Die Ursprünge, ein von englischen Siedlern im 17. Jahrhundert gefeiertes Dankfest, sind tatsächlich auf die Früchte des Feldbaus bezogen. Heute hingegen ist Thanksgiving – in den USA am vierten November-Donnerstag gefeiert und einer der höchsten Feiertage der Nation überhaupt, in Kanada hingegen am zweiten Montag des Oktobers – ein eher allgemeines Dank- und Familienfest, weitgehend losgelöst vom ursprünglichen Bezug auf die Ernte.

Wie feiern Katholiken das Erntedankfest?

Im katholischen Raum gilt Erntedank heute – obwohl es kurioserweise kein offizieller Bestandteil des Kirchenjahres ist und somit auch nicht verpflichtend von einer Pfarrgemeinde gefeiert werden muss – oft als einer der wichtigsten Termine im Festtagskalender. Die Kirchen werden geschmückt, typisch herbstliche Pflanzen und Früchte wie Kürbisse, Sonnenblumen, Wirsingköpfe, Äpfel, Weintrauben, Kastanien, Hopfendolden und vieles andere mehr werden zu prächtigen Collagen vor dem Altar zusammengestellt. Erntedankkronen werden aus Getreideähren geflochten, ganze Teppiche mit Mosaik-Mustern aus Körnern gelegt. In manchen Orten gibt es gar einen Festumzug.

Welche Bedeutung und welchen Sinn hat das Erntedankfest heute?

In einer wohlhabenden Konsumgesellschaft, in der viele Menschen keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft haben und fast niemand mehr Hunger kennt, lässt sich das Fest auch in einem tieferen Sinn begreifen. Es lädt dazu ein, nicht nur für die Ernte zu danken, sondern sich auch Gedanken zu machen über regionale Landwirtschaft, nachhaltige Produktionsmethoden, kurze Transportwege, qualitatives Essen, das eigene Konsum- und Ernährungsverhalten. An diesem Punkt geht das christliche Fest in einem globalen Bewusstsein auf, und es wird klar: Der Umweltschutz im Ganzen, die weltweite Solidarität mit Menschen in (Ernährungs-)Not und die „Sorge für das gemeinsame Haus“ (Papst Franziskus) sind aktueller und wichtiger denn je.

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Der Redakteur
Joachim Burghardt
Münchner Kirchenzeitung
j.burghardt@michaelsbund.de