Sonderausstellung in Dachau

Brot: Mehr als ein Nahrungsmittel

In Dachau ist aktuell eine Ausstellung über den Wert und die Symbolkraft von Brot zu sehen. Die Besucher erwarten dabei nicht nur Mehlsäcke, Gerätschaften zum Brotbacken oder Kunstwerke mit Brotmotiven, sondern auch einige hübsche Kuriosa.

Backstube der Bäckerei Reim in Dachau, Aufnahme um 1918 © MK

Dachau – Hand aufs Herz: Können Sie Weizen- und Dinkelkörner auseinanderhalten? Wissen Sie, worin sich eine Roggen- und eine Gerstenähre unterscheiden? Von welcher Getreidesorte sich die Menschen in Bayern früher hauptsächlich ernährten? Was ein Brotschießer ist? Was die auf jeder Mehlpackung abgedruckte Typenzahl bedeutet? Was „Maurerloawen“ und „Riemische“ sind? Und wie Brezen im 12. Jahrhundert geformt sein konnten? Ein Streifzug durch die aktuelle Ausstellung im Dachauer Bezirksmuseum mit dem Titel „Das Brot – Wert und Symbolkraft eines Lebensmittels“ liefert Antworten – die an dieser Stelle freilich nicht vorweggenommen sein wollen. Denn genau das Rätseln, Stöbern, Suchen und Entdecken verschiedener historischer und gegenwärtiger Aspekte des Brots ist Teil des musealen Konzepts.

In die Dauerausstellung integriert

Die Besucher erwartet keine abgeschlossene Gesamtschau vom historischen Emmerkorn bis zum modernen glutenfreien Low-Carb-Fitnessbrot, die Ausstellung versucht auch gar nicht erst, die Welt des Brotes mit Anspruch auf Vollständigkeit abzubilden. Stattdessen wurden alle Brot-Exponate in die Dauerausstellung des Bezirksmuseums integriert – nicht geballt, sondern verteilt auf einzelne Stellen, die jeweils in hellem Braun – man könnte auch sagen: semmelfarben – markiert sind und so als Teil der Sonderausstellung deutlich werden.

Der regionale Schwerpunkt liegt somit naturgemäß auf dem Dachauer Land, doch lassen sich auch viele überregionale Erkenntnisse ableiten. Etwa über Hungerkrisen, die sich von 1769 bis 1772 in Bayern ereigneten, bevor 1816 sogar in ganz Europa der Sommer ausfiel, da im Jahr zuvor ein großer Vulkan in Indonesien ausgebrochen war und den Himmel verdunkelte. Aufgrund der Lebensmittelknappheit wurden damals sogenannte Hu ngersemmeln gebacken. Und noch im 20. Jahrhundert war das Brot immer wieder knapp, wie eine Sammlung von Lebensmittelmarken aus der Zeit vom Ersten bis zum Zweiten Weltkrieg veranschaulicht.

Die Sonderausstellung „Das Brot – Wert und Symbolkraft eines Lebensmittels“ ist noch bis 28. Januar 2024 im Bezirksmuseum Dachau (Augsburger Straße 3, zwischen Pfarrkirche St. Jakob und Schloss) immer dienstags bis freitags von 11 bis 17 Uhr sowie samstags, sonntags und feiertags von 13 bis 17 Uhr zu sehen.

Zu sehen sind in der Ausstellung nicht nur Mehlsäcke, Gerätschaften zum Brotbacken und Kunstwerke mit Brotmotiven, sondern auch einige hübsche Kuriosa. Ein ursprünglich zur Herstellung von Karlsbader Oblaten graviertes Waffeleisen ließ sich ein findiger Dachauer Bäcker umarbeiten, woraufhin er damit „Dachauer“ Oblaten mit dem Zusatz „Made in Bavaria“ produzieren konnte. Interessant auch der Text eines Eids, den vor über 200 Jahren ein ehrenamtlich tätiger Dachauer Bürger ablegen musste, der die Bäcker und deren Produktqualität kontrollierte.

"Brotheilige" Notburga

Die religiöse Dimension des Brotes deutet sich vor allem in Ausprägungen der Volksfrömmigkeit an: Sogenannte Gebildbrote bildeten Gegenstände oder Tiere in Teigform ab (man denke etwa an die Martinsgänse als Süßgebäck), Hostien und Brotlaibe wurden mit Kreuzsymbolen oder Christusmonogrammen verziert, und mit der heiligen Notburga gibt es sogar eine „Brotheilige“, deren bayernweit einzige Wallfahrtskirche im kleinen Dorf Weißling bei Petershausen, also im nordwestlichen Teil unseres Erzbistums, steht.

Sehenswert ist die Ausstellung, weil es tatsächlich eher etwas zu sehen und gar nicht so viel zu lesen gibt. Die textlichen Informationen beschränken sich auf knapp gehaltene Informationen, im Mittelpunkt steht immer das Exponat. Dass es eben nicht nur Gemahlenes und Gebackenes zu bestaunen gibt, sondern im Rahmen der Dauerausstellung auch noch viele andere interessante Dinge aus der Geschichte und Kultur des Dachauer Landes, macht gerade für Nicht-Dachauer einen Ausflug noch mal lohnenswerter. Und wer weiß, vielleicht lernt man durch den Besuch das heute so selbstverständlich gewordene, oft gedankenlos konsumierte Grundnahrungsmittel Brot und das dazugehörige Handwerk wieder neu kennen und schätzen.

Der Redakteur
Joachim Burghardt
Münchner Kirchenzeitung
j.burghardt@michaelsbund.de