München – Beschwerlich ist der Weg zur Orgel des Münchner Liebfrauendoms, der sonst nur dem Organisten vorbehalten ist. 72 schmale Stufen geht es die steile Wendeltreppe hinauf zur Empore. Doch die Mühe wird mit der beeindruckenden Aussicht auf den Altarraum und das monumentale Triumphkreuz am Chorbogen belohnt. Der Dom verfügt heute über insgesamt vier Orgeln der Werkstatt Georg Jann aus Allkofen bei Regensburg: die viermanualige Hauptorgel (1994) mit 95 Registern, die Chor- oder Andreasorgel (1993) im südlichen Seitenschiff auf Höhe des Chores mit 36 Registern auf drei Manualen und die sogenannte „Holzorgel“ in der Sakramentskapelle (1985) mit elf Registern. Dann gibt es noch ein kleines Truhenpositiv (1981) mit fünf Registern.
Beeindruckendes Klangspektrum
Die Hauptorgel wurde seinerzeit im Zuge der großen Domrenovierung 1990 bis 1994 erbaut und kommt nicht nur bei der täglichen Liturgie zum Einsatz, sondern auch bei den Advents- und Domorgelkonzerten, die sich weit über die Grenzen Münchens hinaus großer Beliebtheit erfreuen. Haupt- und Chororgel besitzen insgesamt 9.000 Pfeifen, der offene „32-Fuß“ (so wird die Länge einer Orgelpfeife in Fachkreisen gemessen, Anm. d. Red.) ist mit zwölf Metern die längste. Die Tontraktur, also die Übertragung vom Spieltisch zu den Pfeifen, verläuft mechanisch, die Registertraktur jedoch elektrisch.
Mit 95 Registern an der Haupt- und 35 an der Chororgel ist sie nicht nur die größte Orgel des Erzbistums, sondern ganz Oberbayerns. Doch nicht nur die Größe des Instruments imponiert, auch das Klangspektrum ist enorm: Streicher, Flöten, Trompeten und Hörner jeglicher Klangfärbung – selbst Glockenspiele können per Knopfdruck erklingen und miteinander kombiniert werden.
Vorspiel beim Vorgänger
Wenn Monsignore Hans Leitner von „seiner“ Münchner Domorgel erzählt, staunt der Organist auch heute noch über die Brillanz des Instrumentes. Es sei schwer, einen so großen Raum wie die Frauenkirche – der Nachhall beträgt elf Sekunden – mit Musik zu füllen. Dies gelinge hier jedoch gut. Seit 2003 ist Monsignore Leitner (60) Domorganist in der Frauenkirche. Bedächtig und nüchtern erzählt er aus seinem Leben, schiebt dabei immer wieder die Nickelbrille auf der Nase zurecht. Schon als Zwölfjährigem war ihm klar: „Ich möchte Organist werden!“
Ein prägendes Erlebnis hatte der junge Traunsteiner dann in den Sommerferien 1973: Der langjährige Organist des Liebfrauendoms, Prälat Professor Heinrich Wismeyer, hatte Leitner, der damals bereits Orgelunterricht erhalten hatte, zu einem Vorspiel eingeladen. So durfte er, unvergesslich, ein Kirchenlied auf der Münchner Domorgel spielen. Das Notenheft, das Prälat Wismeyer ihm damals schenkte, hält Leitner noch heute in Ehren.