Der Ursprung des Bieres

Die "älteste Brauerei der Welt" ist in Freising

Früher haben sich die Mönche selbstversorgt, heute ist daraus ein Weltunternehmen geworden: die Brauerei Weihenstephan. Der Legende nach ist das dem Heiligen Korbinian zu verdanken.

Herzstück der Brauerei ist der Turm, in dem sich unten das Sudhaus und oben die Malzsilos befinden. © IMAGO / CHROMORANGE

Freising – Man muss schon genau hinschauen, um zwischen den Büschen und Sträuchern die kleine Treppe zu finden, die auf der Südseite vom Plateau des Weihenstephaner Bergs hinunterführt. Wer den Weg kennt, der findet am Ende die Überreste einer Kapelle, die einmal eines der prachtvollsten Gebäude Bayerns gewesen sein muss. 15.000 Gulden hatte das von den Gebrüdern Asam gestaltete Gotteshaus gekostet, als es 1720 fertig gestellt wurde. Vom Prunk der Korbinianskapelle blieb nach Säkularisation jedoch nur eine kleine Ziegelwand. Sie verhindert heute, dass der Hang nicht den Ort unter sich begräbt, über dem die Kapelle einst errichtet wurde und der als der Ursprung des Klosters und der dortigen Brauerei gilt: Die Korbiniansquelle. Der Heilige soll sie der Sage nach selbst mit einem Stoß seines Stabes in den Felsen erweckt haben, als er im achten Jahrhundert eine Trinkwasserversorgung für sich und zwölf Mitbrüder suchte. Damit hat er der Legende nach die Grundlage für die Weihenstephaner Brauerei gelegt.

Fälschung liegt nicht ganz falsch

Ganz so genau sollte man es mit dem Mythos aber nicht nehmen, sagt Brauingenieur Matthias Ebner. Schon damals hat es wohl mehrere Quellen am Berg gegeben. „Eine allein hätte es nie hergegeben, das ganze Kloster, das damals ja vor allem eine Landwirtschaft mit Vieh war, zu versorgen.“ Auch an den der Quelle nachgesagten wundersamen Heilkräften hat der 37-Jährige seine Zweifel. Legenden ranken sich aber nicht nur um das Wasser, sondern auch um die Geschichte der Brauerei. Im hauseigenen Museum direkt neben dem Sudhaus wird die Historie rekonstruiert. 725 nach Christus gründet demnach der Heilige Korbinian das Benediktinerkloster, das in den Jahren danach von einer Katastrophe in die nächste geriet. Erst zerstörten Ungarn die Abtei, später brannte das Kloster viermal ab, wurde von drei Pestepidemien und einem Erdbeben heimgesucht, und geriet zwischen die Fronten mehrerer Kriege – hielt aber stand. Erst im Jahr 1803 beendete die Säkularisation die tausendjährige Klostertradition in Weihenstephan. Die Brauerei blieb jedoch bestehen und ging in staatliche Hand über, wo sie bis heute blieb.

Regionale Zutaten werden verwendet

Während sich die Klosterhistorie also sehr genau zurückverfolgen lässt, liegen die Anfänge der Brauerei im Dunkeln. Die Urkunde, nach der Weihenstephan im Jahr 1040 das Brau- und Schankrecht verliehen und damit die Brauerei begründet wurde, gilt heute als Fälschung. Dennoch gibt das Unternehmen dieses Jahr als offizielles Gründungsdatum an und leitet daraus den Anspruch, ab die „Älteste Brauerei der Welt“ zu sein. Unabhängig von der Echtheit des besagten Dokuments gilt aber als sicher, dass schon gegen Ende des ersten Jahrtausends Hopfen am „Nährberg“ angebaut wurde. Das lasse das Bestehen eines Brauereibetriebes dort plausibel erscheinen, sagt Ebner. „Was hätte man auch sonst mit dem Hopfen anfangen sollen?“

Aus dem Selbstversorgungsbetrieb der Mönche von einst ist heute ein Weltunternehmen geworden: Rund 50 Millionen Liter Bier werden im Jahr produziert, das Sortiment umfasst 15 Sorten, exportiert wird in mehr als 50 Länder weltweit. Gerade die Weißbiere erfreuen sich internationale großer Beliebtheit und machen etwa dreiviertel des Umsatzes aus. Geblieben ist bis heute die Verwendung regionaler Zutaten: Das Malz kommt aus bayerischen Mälzereien, der Hopfen aus der Hallertau und das Wasser von den Freisinger Stadtwerken. „Bayerische Zutaten sind uns einfach extrem wichtig“, betont Ebner, immerhin sei man bayerische Staatsbrauerei.

Vom historischen Urspung zu einer modernen Brauerei

Seinem historischen Erbe und dem legendären Gründer der Brauerei hat Weihenstephan ein flüssiges Denkmal gewidmet: Den dunklen Korbinian-Doppelbock. Früher ein Schmankerl, das nur zu bestimmten Anlässen gebraut wurde, inzwischen gibt den „Korbinian“ aber das ganze Jahr über – Amerika sei Dank. „In den USA wird er so stark nachgefragt, dass wir ihn inzwischen ganzjährig produzieren“, erklärt Ebner. Auch das wäre ohne die Fortschritte in der Brautechnologie früher nicht möglich gewesen. Eine historische Brauerei zu sein, bedeute nun mal nicht, dass man auch historisch arbeiten müsse, betont Ebner. Dass nach mehr als tausend Jahren von der Braukunst von einst nicht mehr viel übrig ist, findet der Brauingenieur auch alles andere als dramatisch: „Ich bin froh, dass unsere Produkte heutzutage nichts mehr mit den Bieren von vor 1.000 Jahren zu tun haben – das würde nämlich niemandem mehr schmecken.“

 

Der Redakteur und Moderator
Korbinian Bauer
Münchner Kirchenradio
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