Herr Kick, wie ging es Ihnen, nachdem zwei Stunden lang ein "Bericht des Schreckens" präsentiert worden war?
Richard Kick: Einerseits war ich froh, dass nun sehr dezidiert die Dinge auf den Tisch gekommen sind. Andererseits gibt es eben noch ein extrem großes Dunkelfeld, und damit viele Betroffene, die sich nie getraut haben zu sagen, was ihnen passiert ist. Deutlich wurde durch das Gutachten auch die enorm große Verantwortungslosigkeit dieser drei Kardinäle in Folge, von denen einer auch noch Papst wurde. Dass die Dinge so lange unter dem Teppich gehalten wurden, da kann einem richtig schlecht werden.
Was stieß Ihnen noch auf?
Kick: Die Haltung des obersten Kirchenrichters. Der hat in seiner perfiden Art sogar Opfer wegen Verleumdung angezeigt, auch wenn er das ein paar Jahre später wieder revidiert hat. Auch ich selbst wurde von ihm diskreditiert, nur um den Täter zu schützen.
Wünschen Sie sich, dass noch mehr Betroffene den Mut aufbringen, Licht in dieses Dunkelfeld zu bringen?
Kick: Grundsätzlich ja, aber ich bin da etwas zögerlich. Jeder muss für sich selbst spüren, ob er das aushalten kann. Sich zu melden, heißt ja nicht nur zu sagen: Ich heiße so und so und da war was. Ich muss vielmehr mich an das erinnern, was die meisten versucht haben über Jahrzehnte zu vergessen und zu verdrängen. Das muss ich ins Bewusstsein holen und davon anderen erzählen. In der Erzdiözese gibt es bisher zwei unabhängige Ansprechpersonen, aber die Betreuung ist verbesserungswürdig.
Wie sollte die optimale Kontaktstelle aussehen?
Kick: Als Betroffenebeirat haben wir bei Generalvikar Christoph Klingan darauf gedrängt, dass noch vor der Veröffentlichung des Gutachtens eine Stelle mit entsprechender Rufnummer eingerichtet wird, damit sich dort Betroffene melden können. Wenn jemand anruft, dann muss er von einer Person mit psychologischer Vorbildung angenommen werden, die weiß, wie man solche Gespräche führt. Da hat sich etwas geändert, auch wenn das Ganze noch in den Kinderschuhen steckt. Bisher steht einem niemand zur Seite, wenn es um Entschädigungsleistungen oder eine Therapie geht.