Wieder fit für die Schule werden

Die Kinder, die zum „Lichtblick Hasenbergl“ kommen, sind noch lange nicht wieder aufnahmefähig. Zu heftig waren die Einschnitte und psychischen Belastungen

Welche Schäden die Pandemie hinterlassen hat, das wird sich an vielen Stellen erst nach und nach zeigen. Im Münchner Norden hatte Johanna Hofmeir vom „Lichtblick Hasenbergl“ lange gedacht, wenn dieser ganze Wahnsinn mit Lockdown und Homeschooling vorbei ist, dann braucht sie an ihrer Einrichtung vor allem eines. Nämlich: Nachhilfe, Nachhilfe, Nachhilfe. Denn die Kinder, die sie im sozialen Brennpunkt betreut, waren komplett abgehängt.

Unsere Kinder können sich nicht konzentrieren

Aber ganz so einfach war es nicht. „Wir haben sehr schnell festgestellt, dass unsere Kinder Lernstrategien vergessen haben, dass sie sich weniger konzentrieren können und dass die emotionalen Erlebnisse während dieser Zeit sie so belasten, dass sie permanent unter Stress stehen.“ Lernen ist in diesem psychischen Zustand überhaupt nicht möglich. Denn diese Kinder haben im Lockdown besonders gelitten.

Digitalisierung mit Folgen für die ganze Familie

Homeschooling auf engstem Raum mit Eltern, die Existenzängste ausstehen, weil der Job im Niedriglohnbereich wackelt oder gleich ganz weg ist. Gleichzeitig waren Behörden nur noch digital erreichbar oder schriftlich, womit nicht alle Menschen umgehen können: „Was zur Folge hatte, das ganz viele existenzsichernde Anträge zu spät gestellt wurde, nicht richtig gestellt wurden, dass Unterlagen gefehlt haben. Das wiederum hat dann dazu geführt, dass Existenzsichernde Leistungen entweder verspätet ausgezahlt wurden oder auch gekürzt worden sind“. Das hat die Lage für die Familien noch zugespitzt.

Denn Hartz IV reicht kaum für die Miete. Viele hatten nicht einmal mehr Geld, um Essen zu kaufen. Im Lichtblick Hasenbergl werden deshalb derzeit sogar Lebensmittelpakete gepackt. Und das Team versucht, mit den Behörden Kontakt aufzunehmen.

Kinder sollen lernen, wieder Kinder zu sein

Mittendrin die Kinder, die das natürlich mitbekommen und gleichzeitig in den letzten Monaten irgendwie am Computer hätten lernen sollen. Das hinterlässt tiefe Spuren in den Kinderseelen. Johanna Hofmeir will die Kinder jetzt erstmal wieder aufnahmefähig machen: „Wir haben dann erstmal dieses Lernen gelassen und haben angefangen, den Kindern Gesprächsmöglichkeiten anzubieten. Wir haben ganz viele Freizeit – und Sportaktivitäten angeboten, damit die den Stress abbauen und wieder Spaß haben können. Damit sie überhaupt wieder Kinder sein können, bevor wir anfangen, intensiv den verpassten Schulstoff nachzuholen.“

Und deshalb hieß es im Sommer oft: Fahrradfahren, tanzen und wilde Wasserschlachten. Das Lernen ist dabei zwar in den Hintergrund gerückt, wurde aber nicht vergessen. Jetzt hofft sie, dass der Winter ohne größere Ausbrüche des Virus vorbei geht, damit sich irgendwann innerhalb des nächsten Jahres die Lage wieder einigermaßen normalisiert.

 

Kasten:

Das ganze Interview mit Johanna Hofmeir können sie in unserer Sendung Total Sozial hören. Jederzeit online unter mk-online.de/sozial. Und natürlich als Podcast bei den bekannten Streamingdiensten wie Spotify, apple-Podcast, google-podcast oder Deezer.

Die Autorin
Brigitte Strauß-Richters
Radio-Redaktion
b.strauss-richters@michaelsbund.de