Klingelbeutel, Opferstöcke und Geldsäcke

So werden im Alten Peter in München Opfergaben gesammelt

In der ältesten Pfarrkirche in München gibt es noch echte Klingelbeutel aus roten Samt. Er ist an einer gut zweieinhalb Meter langen Stange befestigt und lässt sich schwenken. Was alles darin landet und was mit damit geschieht, erzählt uns Stadtpfarrmesner Peter Zobel.

Mit dem an einer 2,5 Meter langen Stange befestigten Klingelbeutel durch die Reihen zu gehen, ist eine Kunst. © SMB/Ertl

Wenn sich Peter Zobel beim Gottesdienst zum Sammeln mit dem Klingelbeutel aufmacht, zieht er vorher in der Sakristei den weißen Chorrock über seinen schwarzen Mesner-Talar: „Das ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass auch die Kollekte mit dem Klingelbeutel zur Liturgie gehört“, sagt der 57-Jährige, seines Zeichens seit 1987 Stadtpfarrmesner in Münchens ältester Pfarrkirche St. Peter.

Es komme nicht auf die bare Münze, also auf die Höhe des Geldbetrags, an, sondern vielmehr auf die innere Einstellung des Gebers, auf „die Bereitschaft eines jeden, nach seinen Möglichkeiten etwas zu geben“, so Zobel. Dies werde nochmals deutlich, wenn der Priester wenig später bei der Einladung zum Gabengebet die Worte spricht: „Betet, Brüder und Schwestern, dass mein und euer Opfer Gott, dem allmächtigen Vater, gefalle.“ Und die Antwort der Gemeinde hierauf lautet: „Der Herr nehme das Opfer an aus deinen Händen, zum Lob und Ruhme seines Namens, zum Segen für uns und seine ganze heilige Kirche.“ Der Klingelbeutel verschwindet nach der
abgeschlossenen Sammlung daher auch nicht in der Sakristei, sondern verbleibt an einer Standvorrichtung neben der Sakristei-Tür die gesamte restliche Messe über im
Altarraum.

Am Klingelbeutel hängt tatsächlich ein Glöckchen

In St. Peter trägt der Klingelbeutel seinen Namen noch zu Recht: Am dunkelroten Samtbeutel, der per Gelenk an der gut 2,50 Meter langen Stange befestigt und somit schwenkbar ist (auch das gibt es nicht oft), hängt nämlich tatsächlich noch ein Glöckchen, das bei jeder Bewegung und somit auch bei jeder Gabe, die eingeworfen wird, klingelt.

Das Sammeln ist in St. Peter traditionell in Mesnerhand, niemand anders darf diese verantwortungsvolle Aufgabe hier ausführen. Ist es doch fast eine eigene Kunst, wie Zobel erläutert, bei einem Hochfest die dicht besetzten Reihen im Mittelgang von vorn nach hinten abzugehen, die Stange dabei Stück für Stück bis zur Mitte der Bank hineinzuführen und so jedem die Möglichkeit zu geben, etwas einzuwerfen. „Dabei muss man schon achtgeben, dass man niemanden mit der Stange anstößt oder beim Zurückziehen auf der anderen Seite jemandem mit ihr ein Auge aussticht“, lacht Zobel. Ein aufrichtiges „Vergelt’s Gott“ gibt es für jeden Geber: „Das ist uns wichtig, und den Leuten gefällt das auch“, weiß er aus langjähriger Sammelpraxis.

Im Klingelbeutel landen nicht nur Münzen und Scheine

Ist eine Reihe bis zur Mitte abgesammelt, kommt die nächste dran, erst auf dem Rückweg wird von der anderen Seite her im selben Modus gesammelt. Der Klingelbeutel an der Stange kommt in St. Peter bei den Werktagsmessen zum Einsatz. An großen Festtagen sammelt man mit ihm erst ab dem Quergang in der Mitte und somit nur in den hinteren Reihen, in den vorderen werden zwei kleine Handklingelbeutel durchgegeben. An Hochfesten sind auch beide Mesner im Kirchenschiff unterwegs, weil es sonst zu lange dauern und das Gewicht des einzelnen Beutels zu schwer würde.

Was landet eigentlich so alles im Klingelbeutel? Natürlich Münzen und Scheine aller Art, aber dazu auch Knöpfe, Büroklammern, Medaillen, Einkaufswagen-Chips und vieles mehr: „Es gibt Experten, die leeren ihren gesamten Geldbeutel aus“, hat Zobel bereits erlebt. Wie viel im Durchschnitt gesammelt wird? Über Geld spricht man nicht, nur so viel: „Werktags ist mehr Kleingeld dabei. An Sonntagen und bei Hochfesten mehr Scheine.“ Dabei gelten die alten Regeln: „Je größer das Fest, desto größer die Scheine.“ Und: „Scheine klingeln nicht.“

Die Kollekte ist meist für die Pfarrei

Nach Messschluss wird in der Sakristei der gesamte Beutelinhalt in einen Safebag aus Plastik umgefüllt, verschlossen, beschriftet und sicher verwahrt. Dann kommt an einem Tag in der Woche der Buchhalter. Zusammen mit dem zuständigen Mesner wird im Vier-Augen-Prinzip der Plastiksack geöffnet und das Papiergeld von den Münzen getrennt, abgezählt und erfasst. An einem weiteren Tag werden dann, ebenfalls im Vier-Augen-Prinzip, die über 20 Opferstöcke in der Kirche geleert und der Inhalt gleichfalls in Plastiksäcke abgefüllt. Jeder einzelne Beutel hat einen eigenen Strichcode. Schließlich kommt die Geldtransportfirma und holt die Sonntagskollekte und die Opferstocksammlungen ab, oft über 30 Säcke, weil auch die Einnahmen aus den Nebenkirchen von St. Peter aus der Münchner Innenstadt dazukommen.

Das Geld kommt zu 100 Prozent der Pfarrei zugute, es sei denn, es handelt sich um eine der zahlreichen angekündigten oberhirtlichen Kirchenkollekten im kirchlichen Jahreskreis, etwa für ein Hilfswerk, die Caritas oder den sogenannten Peterspfennig.

Die vielfrequentierten Kerzen-Opferstöcke werden vom diensthabenden Mesner und der Kirchenaufsicht alle zwei Tage zusammen geleert, auch als Vorsichtsmaßnahme vor möglichen Opferstockdieben. Neben dem Kerzenständer unter der Orgelempore sei vor allem der Antonius-Opferstock „ein richtiger Magnet“. „Früher fand man da schon öfter mal einen 500-Mark-Schein, manchmal auch einen Tausender, einmal sogar ein ganzes Bündel“, erinnert sich Zobel. Doch diese Zeiten seien vorbei: „Heute ist der 50-Euro-Schein der häufigste Schein.“

Der Autor
Florian Ertl
Münchner Kirchenzeitung
f.ertl@michaelsbund.de