Glaube und Besitz

Gott und Geld - geht das?

Darf man als Christ Geld haben und sich etwas leisten? Bruder Paulus Terwitte beantwortet diese Frage eindeutig mit einem Ja. Lesen Sie hier, wie Geld das Zusammenleben verändert und und warum Geld an sich trotzdem nicht böse ist.

Im Umgang mit Geld kommt es als Christ darauf an, den Mitmenschen im Blick zu behalten, meint Bruder Paulus. © Godong Photo - stock.adobe.com

Ich komme aus einem Geschäftshaushalt. Bin Sohn einer Einzelhandelsfachverkäuferin. Von Geld war bei uns daheim oft die Rede. Preise. Löhne. Großhandel. Gewinnspanne. Deshalb kann ich mir gut vorstellen, wie es bei Franziskus von Assisi daheim zuging. Der reiche Tuchhändler war stolz auf seine Gewinne. Die mittelalterliche Stadt begann sich zu teilen. In Blutadel. Und Geldadel. Wer was hat, der ist was. Und braucht sich um niemanden mehr zu scheren.

Dass sich der Kaufmannssohn angewidert davon abwandte, kann man nachvollziehen. „Die Brüder sollen kein Geld annehmen.“ So steht es klipp und klar in der Regel, die er seinen Brüdern gegeben hat. Aber auch: Sie sollen arbeiten gehen. „Und nur wenn ihnen der Lohn vorenthalten wird, sollen sie zum Tisch des Herrn Zuflucht nehmen.“ Also betteln gehen.

Geld an sich ist nicht erstrebenswert, erleichtert aber das Leben

Diese Spannung bleibt. Geld annehmen, als Lohn. Als Tauschmittel. Als Ersatz für Brot, Gebrauchsgegenstände oder Dienstleistungen, die man im Gegenzug für seine Arbeit erhält. Arbeit gegen Arbeit. Damit das einfacher wird, dafür gibt es Geld. Es steht in Dienst. Ist an sich nicht erstrebenswert. Wird eben gebraucht. Macht das Leben leichter.

Dennoch verändert es kolossal. Nämlich die direkte Beziehung der in der Schöpfung schöpferisch Arbeitenden, alle mit je ihren Fähigkeiten. Ich schneide dir die Haare, du gibst mir vier Brötchen, die du gebacken hast. Ich sehe deine Augen, ich spüre die gegenseitige Wertschätzung, wir sind auf der gleichen Ebene. Denn niemand kann alles. Und niemand kann nichts. Wir brauchen einander mit unseren Fähigkeiten. Ich brauche dich. Du brauchst mich.

Durch Geld geht Beziehung zur Schöpfung leicht verloren

Durch das Tauschmittel Geld geht diese Beziehung leicht verloren. Wir schauen uns nicht mehr in die Augen, sondern auf den Geldbetrag. Dessen Wert liegt nicht in unserer Hand. Er ist uns fremd. Und er entfremdet uns voneinander. Nicht mehr du bist mir etwas wert, sondern deine Arbeit kostet eben dies oder das. Ich entlohne dich mit nichts von mir. Sondern mit dem mir fremden Gut Geld.

Die Einsicht des Franziskus von Assisi war: Geld zerstört die Beziehungen zwischen Menschen. Darum sollen die Brüder so leben, dass sie angewiesen bleiben auf die Mitmenschen. Und nicht aufs Geld. Sie sollen angewiesen bleiben, also immer so leben, dass sie nicht selbstherrlich ohne die anderen leben können. Keine Abtei. Kein eigenes Haus. Keine Festung. Nur: Niederlassungen. Vorübergehendes Dasein. Ohne jeden Anspruch: Sie sollen nicht besitzen.

Hauptamtlicher Bettler

Das sagt nun hier gerade der Richtige. Seit September bin ich für die Kapuziner als hauptamtlicher Bettler unterwegs. Ich soll jene, die uns Geld spenden, mehr an uns binden. Und neue finden. Neudeutsch heißt das auch: Fundraising. Denn wir Kapuziner bekommen nicht automatisch von der Kirchensteuer. Nur wenn wir in einem kirchlichen Dienst stehen. Und das sind immer weniger von uns. Wegen des Alters. Und weil die wenigen noch Arbeitsfähigen entweder im Innendienst gebraucht werden oder eine missionarische Aufgabe erfüllen und dafür von niemanden bezahlt werden. Und wir haben Gott sei Dank noch Auszubildende. Auch für die will gesorgt sein. Ebenso wie für die vielen Älteren, die fast allesamt keine Rentenempfänger sind.

Ich soll also von Geld reden. Und habe die Skepsis des Franziskus von Assisi im Hinterkopf. Und natürlich manche Worte Jesu. Der hat ja nicht gerade viel Positives über das Geld gesagt. Etwa: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“ (Mt 6,24 und Lk 16,13). Oder: „Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt“ (Mt 19,24). Und: „Verkauf alles, was du hast, und verteil es an die Armen …“ (Lk 18,22).

Warnungen Jesu wollen Augenöffner sein

Wer das liest, könnte sich fragen: Darf ich als Christ überhaupt Geld haben? Darf ich mir etwas leisten? Darf ich sparen oder investieren? Oder muss ich alles weggeben und in Sack und Asche leben? Und ich muss mich fragen: Darf ich um Geld bitten für unseren Lebensunterhalt? Für den Fortschritt unserer Projekte?

Meine Antwort: Ja, natürlich! Denn die Warnungen Jesu ebenso wie die Fass-kein-Geld-an-Regeln des Franziskus wollen Augenöffner sein: Geld anonymisiert das Miteinander der Menschen. Wir verlieren das Gefühl füreinander. Und das Gefühl für uns selbst. Der Keller ist irgendwann mal voll mit Vorräten, ein Bankkonto aber nie. Es kennt keine Grenzen. Und schon ist die Tür geöffnet, dass wir von Besitzenden, die einander bereichern, zu Besessenen werden, die einander möglichst viel wegnehmen.

Blick auf Mitmenschen und Schöpfung bewahren

Geld an sich ist nicht böse. Geld steht im Dienst der menschlichen Gemeinschaft und der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft. Unsere Aufgabe ist es, den Blick für den Mitmenschen und die Schöpfung nicht zu verlieren. Und das Geld dafür in Dienst zu nehmen.

Als Kapuziner und Fundraiser bringe ich deswegen Menschen zueinander, die sich für eine gute Sache einsetzen wollen. Die einen mit Lebenskraft unmittelbar, die anderen mit Geld, um sie darin zu unterstützen.

Gott und Geld – geht das? Ja, wenn wir das Geld als eine Gabe Gottes nehmen und als eine Aufgabe für seine Sache nutzen. Wenn wir das Geld als ein Mittel gebrauchen und damit unsere Menschen- und Schöpfungsverbundenheit fördern. (Bruder Paulus Terwitte, Kapuziner, Autor und Coach)