Theologie

Was sagt die Bibel über das Elternsein?

Von Adam und Eva bis Elisabeth und Zacharias – Theologin Theresa Reischl beschreibt, welches Bild die Bibel vom Elternsein vermittelt.

Jakob erschleicht sich mit List den Segen seines Vaters Isaak. © stock.adobe.com - mig5533

„Eltern werden ist nicht schwer, Eltern sein dagegen sehr“ – abgesehen davon, dass das so nicht stimmt, wenn man auf die vielen ungewollt kinderlosen Paare blickt: Die Bibel erzählt ganz andere Geschichten. Interessant ist dabei, wie viele scheinbar „moderne“ Themen überall mit anklingen: Schwierigkeiten mit der Empfängnis/der Zeugung, Leihmutterschaft, Pubertät, Lieblingskinder, Gleichberechtigung in der Partnerschaft, Patchworkfamilien…

Es beginnt bei Adam und Eva: Schmerzen bei der Geburt sind Strafe Gottes für die Frau, weil sie den Sündenfall herbeigeführt hat, Adam muss mühsam Ackerbau betreiben. Sie werden die ersten Eltern von Kain, Abel und Set und weiteren, nicht namentlich genannten Kindern. Kain erschlug Abel – Mord und Totschlag waren in der Welt.

Abraham und Sara als Stammvater und Stammmutter

Abram und Sarai sind schon sehr alt. Kinder haben sich nicht eingestellt, auch nicht, als ihre Namen in Abraham und Sara geändert werden zum Zeichen dafür, dass sie Stammvater und Stammmutter eines großen Volkes werden sollen. Sara drängt deshalb Abraham, ihre Sklavin Hagar zur Frau zu nehmen, eine gängige Praxis, um Nachkommen zu sichern. Schon während der Leihschwangerschaft kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen den Frauen, Hagar läuft davon. Sie kehrt zwar noch einmal zurück, wird aber später zusammen mit ihrem Sohn Ismael verstoßen, weil Sara und Abraham doch einen gemeinsamen Sohn namens Isaak bekommen, den Sara als Alleinerben möchte. Beide Frauen wollen das Beste für ihr Kind, der Vater, der dazwischensteht, kann sich erst nicht entscheiden. Erst als Gott ihm im Traum verspricht, dass beide Söhne ein großes Volk werden, schickt Abraham Hagar und Ismael weg. Umso unverständlicher für unser Empfinden heute, dass Abraham sich bedingungslos dem Willen Gottes unterwirft und die Opferung Isaaks vollziehen will – er stellt seine Treue zu Gott über das Leben seines Sohnes, der aber gerettet wird.

Isaak heiratet später Rebekka. Sie bekommen Zwillinge, Esau und Jakob. Während die Mutter eine Vorliebe für den sanfteren, ruhigeren Jakob hat, ist Esau Isaaks Liebling: Ein wilder, starker Mann, der jagt und Verantwortung übernehmen will. Jakob überlistet Esau, den älteren und erbberechtigten Bruder, mit Hilfe seiner Mutter: Erst raubt er ihm mit einem Linsengericht das Erstgeburtsrecht, dann den Segen des Vaters. Der Konflikt zwischen den Brüdern wird nach weiteren Wendungen beigelegt. Jakob wird zum Erzvater der Israeliten.

Geschichte wiederholt sich

Die Geschichte wird sich in gewisser Weise wiederholen. Jakob, der eigentlich Rahel heiraten will, wird vom zukünftigen Schwiegervater getäuscht und heiratet erst einmal Lea, mit der er sechs Söhne bekommt. Rahel kann zunächst keine Kinder bekommen, deshalb nimmt Jakob deren Magd Bilha zur Frau, mit der er weitere zwei Söhne bekommt. Auch Lea gibt Jakob eine Magd zur Frau, aus dieser Beziehung entstammen wiederum zwei Söhne. Rahel wird schließlich doch noch schwanger und bringt erst Josef, dann Benjamin zur Welt, bei dessen Geburt sie stirbt. Jakob bevorzugt seinen Sohn Josef und verwöhnt ihn nach Strich und Faden – dass seine Brüder ihn nicht leiden können, auch weil er ein Angeber ist, ist logische Konsequenz. Pikanterweise wird gerade der weitere Verlauf der Geschichte von „Josef, dem Träumer“ dazu führen, dass das Volk Israel nach Ägypten zieht, wo sie Generationen später versklavt werden. Moses führt das Volk aus der Gefangenschaft – von seinem Vater erfahren wir nichts, er kommt am Beginn der Exoduserzählung nur als „vom Stamm Levi“ vor. Auch seine Mutter bleibt namenlos. Sie ist es, die auf die Idee des Binsenkörbchens kommt und ihn damit rettet (an späterer Stelle, wohl durch eine priesterschriftliche Redaktion, werden die Namen Amram und Jochebed „nachgereicht“).

Ungewollte Kinderlosigkeit führt zum Wunder

Das Thema der ungewollten Kinderlosigkeit und der damit verbundenen, vielleicht auch nur empfundenen Demütigung begegnet auch bei Elkana und Hanna im ersten Buch Samuel. Elkana und seine erste Frau Hanna bekommen keine Kinder, erst Peninna, die zweite Frau, kann die ersehnten Nachkommen schenken. Hanna betet und verspricht, ihren erstgeborenen Sohn Gott zu überlassen. Das Wunder geschieht, Samuel wird geboren und wächst im Tempel auf.

Im Neuen Testament ist Elisabeth lange kinderlos und schon alt, als sie doch noch schwanger wird. Ihrem Mann Zacharias verschlägt es daraufhin die Sprache. Johannes kommt auf die Welt; er wird Cousin von Jesus, dessen ungewöhnliche Zeugung und Geburt Maria und Josef zu Eltern machen. Über ihr Elternsein wird berichtet, dass sie mit dem zwölfjährigen Jesus durchaus Schwierigkeiten haben: Er geht im Tempel verloren, zeigt wenig Verständnis für ihre Sorge und reagiert doch etwas flapsig – typisch Teenager. „Du sollst Vater und Mutter ehren“ wird von ihm zumindest oberflächlich betrachtet frei interpretiert.

Auffällig finde ich, dass die Väter in diesen Elternkonstellationen häufig passiv sind, nicht namentlich vorkommen oder auch nichts sagen oder nichts zu sagen haben. Meistens erscheinen die Mütter als die Handelnden, die das Leben schützen und bewahren. Die Rolle der Väter geht dabei unter. Eine zweite Feststellung: Eltern haben hier Gott erlebt als Lebensbegleiterin, als Beschützer, als Unterstützende. Die Elterngeschichten der Bibel, so ungewöhnlich sie für uns klingen, sind „Lebens“-Geschichten mit Gott. (Theresa Reischl, Pastoralreferentin in der Stadtkirche Freising)