Transparenz aus Rom

Vatikan veröffentlicht scharfe Kritik am Synodalen Weg

Nach dem Besuch der deutschen Bischöfe wurden nun die Reden zweier Kurienkardinäle veröffentlicht. Beide üben heftige Kritik an den Texten des Synodalen Wegs.

Der Synodale Weg bekommt heftige Kritik aus dem Vatikan. © Julia Steinbrecht/KNA

Vatikanstadt – Der Vatikan hat die Kritik von zwei wichtigen Kurienkardinälen am deutschen Synodalen Weg im Wortlaut veröffentlicht. Die Reden hatten der Präfekt des Glaubens-Dikasteriums, Luis Ladaria, und der Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe, Marc Ouellet, am vergangenen Freitag in Rom den deutschen Bischöfen in Abwesenheit des Papstes in einer internen Debatte vorgetragen.

Am Donnerstagnachmittag wurden sie nun von Vatican News in mehreren Sprachen digital publiziert. Danach sollten sie auch in der italienischen und in der deutschen Ausgabe des "Osservatore Romano" erscheinen. Ein Debattenbeitrag von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bleibt vorerst unveröffentlicht. Das Einführungsreferat des deutschen Episkopats-Vorsitzenden Georg Bätzing hatte die Deutsche Bischofskonferenz vergangene Woche im Netz publiziert.

Lob für Aufarbeitung des Missbrauchsskandals

Ladaria, der im Auftrag des Papstes über die Bewahrung der kirchlichen Glaubenslehre wacht, ging in seinem Beitrag auf die Kirchenkrise infolge des Missbrauchsskandals ein und sagte: "Es gibt sehr viele, die sich von den Männern und Frauen der katholischen Kirche zutiefst verraten fühlen (...) und kein Vertrauen mehr in uns Bischöfe haben. Und das geschieht nicht ohne Grund." Ladaria lobte die Bemühungen der deutschen Bischöfe, dem Missbrauch mit Aufklärung, Strafen und Vorbeugung entgegenzutreten. Zugleich machte er kritische Anmerkungen zum Synodalen Weg, mit dem die Kirche in Deutschland weitergehende Konsequenzen aus dem Skandal zu ziehen versucht.

Er merkte an, Texte des Synodalen Wegs enthielten "allgemeine Aussagen über die im Volk Gottes vorhandenen Positionen, anspielende Verweise auf wissenschaftliche (...) Erkenntnisse, die noch in der Diskussion sind, (...) und schließlich Verweise auf ungenannte Theologen." Ladaria schlug vor, das Gremium solle ein "Schlussdokument" verfassen, in dem weniger solche ungesicherten Behauptungen enthalten seien.

Kritik an Kirchenbild und Sexuallehre

Scharfe Kritik übte Ladaria am Kirchenbild der Texte. Sie würden die Kirche "auf eine bloße Machtinstitution reduzieren oder sie von vornherein als eine strukturell Missbrauch hervorbringende Organisation betrachten, die so schnell wie möglich unter die Kontrolle von Oberaufsehern gebracht werden muss." Viele dieser Vorschläge liefen Gefahr, die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) von der Sendung der Bischöfe zu missachten.

Mit ähnlicher Schärfe wandte sich Ladaria gegen die Sexuallehre in den Synodal-Texten. Sie erweckten den Eindruck, als ob auf diesem Gebiet der kirchlichen Lehre alles geändert werden müsse. Die Bewahrung des "Leben empfangenden und weitergebenden Charakters des Menschen" bleibe aber unverändert eine der großen prophetischen Aufgaben der Kirche in einer Zeit der "fortschreitenden Kommerzialisierung der menschlichen Existenz".

Würde der Frau nicht von Priesterweihe abhängig

Zur Frauenfrage bemerkte Ladaria, die Texte des Synodalen Wegs reduzierten alles auf die Behauptung, dass die Würde der Frauen nicht respektiert werde, weil sie keinen Zugang zur Priesterweihe haben. Dies werde der kirchlichen Lehre nicht gerecht, zudem enthalte der Text viel Polemik. Ladaria regte an, der Synodale Weg solle dazu eine "Synthese" verfassen, die deutlich mache, dass die deutschen Ortskirchen Teil der Weltkirche seien.

Schließlich kritisiert Ladaria, dass der Synodale Weg die Lehren des Konzils über das kirchliche Lehramt der Bischöfe weitgehend vergesse. Es sei aber "nicht möglich, diese heikle und entscheidende Aufgabe im Leben der katholischen Kirche mit anderen Ämtern in der Kirche gleichzusetzen, wie zum Beispiel mit denen der Theologen und der Experten in anderen Wissenschaften".

Vorwurf: Missbrauchsfälle würden ausgenutzt

Ähnlich kritisch äußerte sich Ouellet. Er sagte, die deutschen Vorschläge enthielten zwar viele "vertretbare" Elemente, die aber hinsichtlich des Menschenbilds und der Kirchenlehre "ernsthafte Schwierigkeiten aufwerfen". Kritiker sprächen deshalb von einem "latenten Schisma", das die Synodaltexte festzuschreiben drohten.

Dazu Ouellet: "Ich weiß sehr gut, dass es nicht Ihre Absicht ist, einen Bruch mit der universalen Gemeinschaft der Kirche herbeizuführen". Dennoch sei es "auffällig, dass die Agenda einer begrenzten Gruppe von Theologen (...) plötzlich zum Mehrheitsvorschlag des deutschen Episkopats geworden ist: Abschaffung des Pflichtzölibats (...) Zugang von Frauen zum geweihten Amt, moralische Neubewertung der Homosexualität, strukturelle und funktionale Begrenzung hierarchischer Macht, von der Gender-Theorie inspirierte Überlegungen zur Sexualität".

Es entstehe der Eindruck, dass die Missbrauchsfälle "ausgenutzt wurden, um andere Ideen durchzusetzen, die nicht unmittelbar damit zusammenhängen". Und weiter: "Es scheint uns, dass wir vor einem Projekt der 'Veränderung der Kirche' stehen und nicht nur vor pastoralen Neuerungen." Ouellets Rede gipfelte in der Festellung, dass dieser Vorschlag "die Gemeinschaft der Kirche verletzt, weil er Zweifel und Verwirrung unter dem Volk Gottes sät". Am Ende seiner Rede schlug Ouellet deshalb ein "Moratorium" für den Synodalen Weg vor. Dieser Vorschlag wurde jedoch von fast allen deutschen Bischöfen in Rom bereits am vergangenen Freitag abgelehnt. (kna)