Franziskus-Interview

Verwirrung um Worte des Papstes zum Synodalen Weg

Hat Papst Franziskus das deutsche Reformprojekt Synodaler Weg als "weder hilfreich noch seriös" abgekanzelt, wie es in Medienberichten zuerst hieß? Ein Blick auf Wortlaut und Kontext der Äußerung ergibt ein anderes Bild.

Papst Franziskus © imago images/Ulmer/Lingria

Es war eins der umfangreichsten Interviews in den bisher knapp zehn Jahren von Papst Franziskus. Geführt hatte es die Rom-Korrespondentin der Nachrichtenagentur AP, Nicole Winfield, erst am Dienstagnachmittag. Länger als eine Stunde sprach sie mit dem Papst auf Spanisch über ein gutes Dutzend unterschiedliche Themen.

Am Mittwoch dann gab es zunächst einige nachrichtliche Zusammenfassungen in englischer Übersetzung zu einzelnen Themen. Erst am späten Nachmittag wurde der komplette Wortlaut im spanischen Original bekannt, der viele der Äußerungen in einem anderen Licht erscheinen ließ, zumal dann auch die Frageformulierungen und Zusammenhänge sichtbar wurden. Doch da waren die ersten Meldungen längst geschrieben, von Reaktionen auf Twitter und Co. ganz zu schweigen.

Kritiker der päpstlichen Synodenpläne verweisen auf Deutschland

Was hat Franziskus denn nun wirklich gesagt zu den deutschen Reformbemühungen? Ein zentraler Punkt - er machte etwa ein Viertel des Interviews aus - war die Frage, wie es mit den Plänen zu einer weltweiten Synode der Kirche weitergeht. Dabei ging es auch darum, ob synodale Mitbestimmung nicht auch Risiken mit sich bringt.

Zur Illustration verwies die Journalistin hier auf Deutschland. Die Kritiker der Synodenpläne des Papstes warnten ja immer wieder vor der dortigen Entwicklung. Unter anderem sehe man ja, "dass es dort jetzt sogar den kirchlichen Segen für gleichgeschlechtliche Paare und so weiter gibt" - was so ja nicht stimmt, jedenfalls nicht mit Blick auf die offizielle Linie.

Synodaler Weg "von Eliten" gesteuert

Weiter fragte Winfield: "Also, wie kann man die Notwendigkeit des Weiterentwickelns, des Zuhörens und des Begleitens versöhnen mit einem Vatikan, der genau das eher bremsen will?"

Die unmittelbare Antwort des Papstes: "Die deutsche Erfahrung hilft nicht, denn das ist keine Synode, kein echter synodaler Weg, es ist ein sogenannter synodaler Weg, aber keiner des Volkes Gottes in seiner Gesamtheit, sondern er wird von Eliten durchgeführt." Durch die Übersetzungen und Verkürzungen war aus dieser Antwort des Papstes aber längst die Behauptung geworden, Franziskus habe gesagt: "Der deutsche Synodale Weg ist weder hilfreich noch seriös."

Pauschalurteil verbreitete sich rasch

Anders als die meisten Politiker und Bischöfe liest der Papst Transkriptionen und Wiedergaben seiner Interviewaussagen nicht gegen, er autorisiert sie auch nicht. Er spricht in der Regel völlig frei und sehr spontan. Die vatikanische Kommunikationsabteilung ist damit nicht befasst. Und so konnte dieses Pauschalurteil sich ohne Korrektur weltweit rasch verbreiten.

Was der Papst über die synodalen Bemühungen der deutschen Katholiken denkt, konkretisierte er in dem Interview einige Minuten später. Da führte er aus: "Der deutsche Synodale Weg hat in den deutschen Bistümern begonnen, wie alle, und mit dem Volk Gottes, und er geht weiter. Da gibt es nun die Gefahr, dass etwas sehr, sehr Ideologisches hineinkommt. Und wenn die Ideologie sich in kirchliche Prozesse einmischt, dann geht der Heilige Geist nach Hause, weil die Ideologie den Heiligen Geist besiegt. Jedenfalls, wenn ich mit ihnen rede, dann sind sie gutwillig, sie sind nicht böswillig. Aber wie seltsam! Sie haben eine Methode, die so sehr die Bemühung um Effizienz über alles stellt."

Franziskus: "Man muss im Gespräch bleiben"

Und am Ende meinte er: "Aber man muss Geduld haben, im Gespräch bleiben und dieses Volk auf seinem wirklichen synodalen Weg begleiten und diesem eher elitengesteuerten Weg helfen, damit er nicht irgendwie böse endet, sondern damit auch er sich in die Kirche eingliedert. Man muss immer versuchen, zu vereinen."

Die Kritik des Papstes an der Entwicklung des Synodalen Wegs war in dem Interview unüberhörbar. Doch war sie deutlich differenzierter und dialogbereiter, als es die Schlagzeile "weder hilfreich noch seriös" suggerierte. (Ludwig Ring-Eifel/kna)