Vom Chef zum Novizen

Pfarrer geht ins Kloster

Peter Vogelsang will nicht alleine alt werden, sondern in Gemeinschaft. Darum tritt der Pfarrer in die Benediktinerabtei Schäftlarn ein.

Vom Pfarrverband Schäftlarn ins Kloster Schäftlarn. Weit muss Pfarrer Vogelsang nicht umziehen. © Pfarrverband Schäftlarn

Hohenschäftlarn - Er ist Chef von 75 hauptamtlichen Mitarbeitern und freut sich schon darauf, bald Lehrling sein zu dürfen. Seit 2012 leitet Peter Vogelsang den Pfarrverband Schäftlarn. Zuvor war er dreizehn Jahre lang Pfarrer in Steinhöring. „Jetzt fange ich auf der Stufenleiter wieder ganz von vorne an.“  Ab September will er als Postulant in die Benediktinerabtei Schäftlarn eintreten und nach einigen Probemonaten dort Novize werden. In dieser Zeit macht er sich mit dem Leben und Arbeiten in der Gemeinschaft vertraut. Auf einer DIN-A4-Seite ist festgelegt, was er alles kennenlernen muss: „Das geht von der Küche über den Garten bis zum Unterricht im Psalmengesang oder in der Ordensgeschichte.“ Und er freut sich schon darauf, dass er Teller abspülen, Unkraut zupfen, konzentriert beten und singen darf.  Zwar hat er sich schon bei der Diakonenweihe zum regelmäßigen Stundengebet verpflichtet „und das tue ich sehr gerne.“

Zeit zum Gebet

Doch in den vergangenen Jahren hat er spirituelle Mangelerscheinungen gespürt: „Dass ich bei der Laudes am Morgen mit dem Kopf schon mehr im Büro war als beim Gebet “. Der Kalender sei immer voller und seine Pflichten immer größer geworden. „Die Aufgaben wachsend ständig, werden komplexer und die rechtlichen Vorgaben, die nicht die Kirche, sondern vor allem der Staat macht, fordern und befrachten einen Pfarrer immer stärker.“ Nun, denkt er, sich dem lange genug gestellt und Verantwortung übernommen zu haben. Auch wenn seine Entscheidung nicht fürs Kloster gefallen wäre, „hätte ich keine Leitungsstelle mehr angestrebt, Chef war ich jetzt lange genug“. Gerade in der Pandemie, in der viele Termine ausgefallen sind, hat Peter Vogelsang festgestellt, „wie mir das gut tut, wenn ich Zeit zum Beten habe und wie wichtig das für meinen Beruf als Priester ist“. Priester wird er auch im Kloster bleiben, und deshalb wird ihn der Abt sicher immer wieder als Zelebrant und Prediger bei Messfeiern oder auch Hochzeiten einteilen. „Meine Mitbrüder werden mich jetzt wohl kaum in eine Schreinerlehre schicken, damit ich in Zukunft das Chorgestühl reparieren kann.“

Bewusste Aufgabe von Freiheiten

Seinen Dienst als Pfarrer in der Erzdiözese gibt er aber definitiv auf. Damit enden auch die Gehaltszahlungen und viele Freiheiten, die er bisher selbstverständlich hatte, etwa über Einkommen, Urlaub und Tageseinteilung weitgehend frei verfügen zu können. Das wird im Kloster anders sein. Doch genau das hat sich Peter Vogelsang gewünscht: Fest und verbindlich in einer Gemeinschaft zu leben. Schon seit Jahren ist er dem Kloster verbunden, hat an den Sonntagabenden die Vesper mitgefeiert, im Sommer jeweils eine Urlaubswoche im Kloster verbracht, das Leben der Mönche geteilt und immer wieder Gespräche mit dem Abt geführt. Mit seinen bald 56 Jahren hat sich Peter Vogelsang schon seit längerem Gedanken gemacht, wie es nach seinem Berufsleben und ohne eigene Familie später einmal weiter geht. „Jetzt weiß ich, wo ich einmal alt werden und sterben kann und dass ich in eine Gemeinschaft komme, die mich auch einmal auffängt, wenn ich´s brauche.“

Wie in ein Schloss einheiraten

Selbst, wenn er zum Pflegefall würde, „schauen regelmäßig Mitbrüder auf mich und sorgen, dass ich in gute Hände komme, wenn es im Kloster nicht mehr geht“. Zum andern wird ihn der Abt, so lange es möglich ist, mit Aufgaben betrauen, die er erfüllen kann und ihm das Gefühl geben, gebraucht zu werden. Wenn er dann noch an das die Schäftlarner Rokokokirche und die schönen Gebäude denkt, „dann kommt´s mir vor, als ob ich in ein Schloss einheiraten würde“. Dass es auch dort Alltag gibt, ist ihm natürlich bewusst. Aber es ist ein durch und durch geistlich getragener Alltag, „der mir hilft, mich stärker auf die Begegnung mit Menschen und die Seelsorge zu konzentrieren“. Denn das kann er sich gut vorstellen, dass ihn die Abtei nach seiner Ordensausbildung wieder an die Diözese „ausleiht“, damit er in umliegenden Pfarreien Gottesdienst feiert und mitarbeitet. Allerdings kommt er dann jeden Abend in sein Kloster und zu seinen Mitbrüdern zurück und verabschiedet den Tag mit Gebeten und Psalmen.

Mit dem Segen des Erzbischofs

Dass er dafür auch den Segen seines Erzbischof Kardinal Reinhard Marx und des Ordinariats hat, erleichtert ihm diesen Weg. „Es war mir wichtig, dass auch meine bisherigen Vorgesetzten verstehen, dass ich diese Entscheidung in einem ehrlichen Ringen und nach vielem Nachdenken getroffen habe, wie ich als Priester  in den sich verändernden Umständen gut weitermachen kann.“ Dieser „harmonische Übergang“ macht es ihm einfach, in den nächsten Monaten seinen Schreibtisch aufzuräumen, Aufgaben abzuschließen und einen geordneten Pfarrverband an seinen Nachfolger zu übergeben. Am 1. September will er dann seine Chefstelle aufgeben und als Lehrling in den schwarzen Benediktinerhabit schlüpfen, damit aus dem Pfarrer in einigen Jahren ein Pater wird. Im Orden wird er dann einen neuen Vornamen tragen. Den muss er sich aber erst noch überlegen. 

Der Autor
Alois Bierl
Chefreporter Sankt Michaelsbund
a.bierl@michaelsbund.de