Corona und Armut

Osteuropa-Arbeiter werden oft zweitklassig behandelt

Das Osteuropahilfswerk Renovabis hat auf die prekären Zustände für Menschen aus Rumänien und Bulgarien in der Fleischindustrie und Landwirtschaft hingewiesen.

Erst jüngst gerieten die Zustände bei Westfleisch in Coesfeld (NRW) durch Coronainfektionen in den Fokus der Medien. © imago images / Chris Emil Janßen

Freising – Das katholische Hilfswerk Renovabis kritisiert "die ungerechten und gesundheitsschädlichen Arbeitsverhältnisse" osteuropäischer Arbeitnehmer in Deutschland. Jüngst erst seien die "unfairen" Zustände in der Fleischindustrie in den Fokus geraten, nachdem im münsterländischen Coesfeld ein Schlachthof coronabedingt habe schließen müssen, teilte Renovabis am Mittwoch in Freising mit. Hauptgeschäftsführer Christian Hartl sagte, die Krise zeige: "Wir messen mit zweierlei Maß, wenn es um gerechten Lohn oder akzeptable Arbeits- und Lebensbedingungen geht - als gäbe es Menschen erster und zweiter Klasse."

In Betrieben wie dem in Coesfeld würden vor allem Männer aus Rumänien, Bulgarien und anderen Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas beschäftigt, hieß es. Die Arbeit sei körperlich außerordentlich schwer und gesundheitlich belastend. Vielfach verlören die Beschäftigen bei einer Kündigung sofort auch ihre Bleibe, die oft aus von mehreren Personen bewohnten Zimmern bestehe. "Diese Lebenssituation und die Tatsache, dass die osteuropäischen Beschäftigten geltende Regeln rein sprachlich nicht verstehen, könnten in kürzester Zeit zu hohen Covid-19-Infektionsraten führen", so Renovabis.

Können wir so weiter machen?

Ein wesentliches Problem ist dem Hilfswerk zufolge das Werkvertrags-System: "Die Arbeitnehmer schließen ihre Verträge mit Subunternehmen und nicht mit den Firmen, in denen sie tätig sind, womit diese sich ihrer Verantwortung für die Beschäftigten im Prinzip entledigen." Die Subunternehmen nutzten die Abhängigkeit der Werkvertragsnehmer oft aus, womit sich die Beschäftigten gezwungenermaßen abfänden, um ihren Arbeitsplatz nicht zu gefährden.

Renovabis-Chef Hartl mahnte, sich "bei manchen gesellschaftlichen Zuständen, an die wir uns gewöhnt haben und von denen wir profitieren, zu fragen, ob wir nach der Krise so weiter machen können, wie bisher". Er ergänzte: "Die bedrückende Situation der osteuropäischen Lohnarbeiter in den Schlachtfabriken, aber auch auf Baustellen oder in der Landwirtschaft sind dafür prägnante Beispiele." (kna)

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