Renovabis Pfingstaktion

Solidarität über Landesgrenzen hinweg

In 27 Jahren konnte Renovabis, die Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken mit den Menschen im Osten Europas, mehr als 24.000 Projekte voranbringen. Pfarrer Christian Hartl erzählt im Interview warum Corona die Spendenaktion heuer beeinträchtigt und gleichzeitig noch wichtiger macht.

Pfarrer Christian Hartl hofft auf große Beteiligung bei der Pfingstaktion trotz begrenzter Gottesdienste. © Kiderle

mk online: Herr Pfarrer Hartl, die Pfingstaktion mit den klassischen Projekten kann ja dieses Jahr nicht so stattfinden wie man es gewohnt ist. Dadurch gehen Ihnen ja auch große Spendensummen verloren. Welche Alternativen gibt es jetzt für Renovabis, um an Spendengelder zu kommen?

Christian Hartl: Wir werben derzeit natürlich ganz stark um Onlinespenden. Wir haben uns auch verschiedene Projekte überlegt, wie wir nochmal einen Adressatenkreis erreichen, zum Beispiel durch eine Sonderbeilage bei einer großen deutschen Tageszeitung, um auf die Situation der Menschen im Osten Europas aufmerksam zu machen. Es werden an Pfingsten auch Gottesdienste stattfinden, natürlich mit überschaubaren Personenzahlen, auch dort wird die Kollekte durchgeführt werden. Es ist zu erwarten, dass sie geringer ausfällt als sonst. Aber ich kann jetzt nur hoffen, dass viele Menschen über Onlinespenden und Überweisungen uns unterstützen.

Wie ist denn die Corona-Situation in Ihren Partnerländern? Welche Länder sind am schlimmsten betroffen?

Hartl: Die meisten Anträge, die bisher eingegangen sind, kamen aus der Ukraine, aber auch aus Rumänien, es kam ein Antrag aus Sibirien, es kam ein Antrag aus Albanien. Viele dieser Länder sind also betroffen, und meistens geht es ganz konkret um Hygieneartikel, die man braucht, und um medizinische Unterstützung. Dann geht es zweitens auch um die Unterstützung von Randgruppen, dass Kinder unterstützt werden, dass Essen gebracht werden kann zu alten Menschen, die ihre Häuser und Wohnungen nicht mehr verlassen können. Aber dass auch beispielsweise die Obdachlosen unterstützt werden, die jetzt leicht übersehen werden könnten, oder auch die Roma, die in vielen unserer Länder zu finden sind.

Wie unterscheidet sich die Situation dieser Menschen vor Ort im Vergleich zu unserer Situation in Deutschland?

Hartl: Es ist sicher zu berücksichtigen, dass die Situation dort ja generell anders ist als bei uns, zum Beispiel was die Arbeitslosigkeit angeht, die dort ja immer schon viel höher war als bei uns. Oder so ein hervorragendes Gesundheitssystem, wie wir es haben, das bei uns jetzt manchmal an die Grenzen zu geraten droht, besteht ja in diesen Ländern gar nicht, geschweige denn eine soziale Absicherung, wie wir sie haben.

Haben Sie den Eindruck, dass wir die Situation unserer Nachbarländer im Osten aus den Augen verlieren, dadurch dass wir gerade selber so in Schwierigkeiten sind?

Hartl: Das kann ich noch nicht beantworten, das wird sich im Rückblick zeigen. Ich glaube, es ist zunächst ganz selbstverständlich, dass jeder erst mal schaut, wie er selber jetzt zurechtkommt und dass er zunächst natürlich an die Menschen denkt, die in seinem Umkreis, in seinem Bekanntenkreis leben. Aber ich erlebe schon auch ein großes Interesse, viele Nachfragen, die bei uns eingehen, die zeigen, dass es viele Menschen gibt, die über den Tellerrand hinausblicken.

Und wenn ich das noch ergänzen darf: wir haben ja als Thema vor langer Zeit für diese Pfingstaktion festgelegt, dieses Wort Jesu: Selig, die Frieden stiften – Ost und West in gemeinsamer Verantwortung. Und ich bin wirklich davon überzeugt: Was wir jetzt tun, um solidarisch zu sein, auch über unsere Landesgrenzen hinaus, das wird sich langfristig positiv auf den Frieden, auf ein gutes Miteinander auswirken. Umgekehrt: alle Enge, alles Kleinliche, alles Nur-an-sich-Denken wird sich auch auswirken – in unguter Weise. Und das werden wir sehen, was kommt.

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Pfingsten