Abschied von Franz Beckenbauer

Münchnerinnen und Münchner erweisen "Kaiser" die letzte Ehre

Im Kreise der Familie wurde Fußball-Legende Franz Beckenbauer am Freitag beigesetzt. Am Samstag nahmen die Münchner von ihrem "Kaiser" Abschied. Pfarrer Schießler verriet, welch tröstende Bibel-Worte er fand.

Menschen nehmen Abschied am Grab von Franz Beckenbauer auf dem Friedhof am Perlacher Forst in München. © Barbara Just/KNA

Es ist Samstag gegen 14 Uhr in München, als die Sonne allmählich die Wolkendecke durchdringt. Ihre Strahlen lassen nach und nach den von Schnee bedeckten Friedhof am Perlacher Forst glitzern. Gerade mal Null Grad Celsius hat es, doch Alt und Jung schreckt das nicht ab. Eingemummt in dicke Jacken und Schals strömen die Münchnerinnen und Münchner durch den Eingang an der Stadelheimer Straße. Manche kommen sogar mit Stecken, um auf den winterlichen Wegen sicher zu gehen. Die meisten der Besucherinnen und Besucher haben nur ein Ziel: das Grab von Franz Beckenbauer (1945-2024). Obwohl keine Wegweiser aufgestellt sind, scheinen die Leute problemlos zum "Kaiser" zu finden. Nicht weit entfernt von der Aussegnungshalle und damit ziemlich zentral gelegen, findet sich das Grab der Familie Beckenbauer. Mutter Antonie (1913-2006) und Vater Franz (1905-1977) sind darin bereits begraben, seit Freitag hat auch ihr Sohn mit 78 Jahren seine letzte Ruhe dort gefunden, wo er hergekommen ist: im Münchner Stadtteil Giesing bei seinen Eltern.

Schlichtes Holzkreuz steht am Grab

Die eisige Nacht hat dem Meer von roten, orangen, pinken und weißen Rosen nichts anhaben können. Ein schlichtes Holzkreuz steht vor dem Grabstein mit den Lebensdaten der Fußball-Legende; ein Schwarz-Weiß-Bild zeigt Beckenbauer mit Strohhut, Brille und in legerer Sommerkleidung. Von seiner Frau Heidi und den Kindern Joel und Francesca stammt das große Herz aus tiefroten Rosen: "Für immer in unseren Herzen" ist auf der Schleife zu lesen. Zumeist schweigend verweilen die Leute kurz vor dem Grab, um dann auch anderen die Möglichkeit zum Abschiednehmen zu geben. Nur das Klicken von Smartphones und Fotoapparaten durchbricht bisweilen die Ruhe. "Schad is um eahm (Schade ist es um ihn)", sagt da plötzlich eine ältere Frau im schönsten Münchnerisch, wie es hier im Viertel noch gesprochen wird und es auch der dort groß gewordene Franz ein Leben lang trotz aller späteren Weltläufigkeit gepflegt hat. Ist doch sein "Schau ma mal" längst zu einem geflügelten Wort weit über Bayern hinaus geworden.

"Blauer" Pfarrer hielt Trauerfeier für Beckenbauer

Eine dicke Kerze mit dem Wappen des Freistaats haben Fans hingestellt. Sie sticht heraus unter den vielen roten Grablichtern. Ein Mann schaut sich die Kränze näher an. An die elf sind es, unter anderem von der Stadt München, vom FC Bayern München, von Bruder Walter und von Beckenbauers älteren Söhnen. Abgeschirmt von der Öffentlichkeit hatte die Familie die Trauerfeier begangen. Veröffentlichte Fotos ließen einen katholischen Geistlichen erkennen. Dabei handelte es sich um den bekannten Münchner Pfarrer Rainer Maria Schießler von Sankt Maximilian. Der ist eigentlich von Kindheit an ein Fan von 1860 München. Wenn es um seelsorgliche Dienste geht, zeigt er als "Blauer" aber keine Berührungsängste mit den "Roten" vom FC Bayern. So traute er 2010 bereits Philipp Lahm und dessen Frau Claudia.

"Große Ehre" für Pfarrer Schießler

Wie es dazu kam, dass er nun die Trauerfeier für Beckenbauer hielt? Der "Bild"-Zeitung sagte der Geistliche am Wochenende, er wisse es selber nicht: "Aber wenn der Papst anruft, dann frage ich nicht lang nach. Und dieser Anruf war schon vergleichbar. Es war für mich eine große Ehre." Als Grundlage für seine Ansprache habe er das Gleichnis von den anvertrauten Talenten aus dem Matthäus-Evangelium gewählt, führte Schießler aus. Darin gehe es um den Schatz des Lebens, die von Gott geschenkten Talente - und was man daraus mache, ohne Angst. Sein Fazit: "Beckenbauer war auf jedem Parkett geschmeidig. Und hat es geschafft, dem Fußball Glanz zu geben und nicht billigen Glamour. Und einen Stellenwert, den wir Menschen im Aufbau der Republik so dringend gebraucht haben."

Auf den "Kaiser" lassen die Münchner nichts kommen. Auch nicht jene Frau, die sich am Kiosk gegenüber des Friedhofs angeregt mit dem Verkäufer unterhält. "Der Beckenbauer war schon in Ordnung", findet sie, auch wenn ihm später wegen des "Sommermärchens" Vorwürfe gemacht worden seien. Anders verhalte sich das mit Sepp Blatter, so die Expertin: Der Ex-Fifa-Boss, der sei doch wirklich ein "Grattler". (kna)