Missbrauch in katholischer Kirche

Missbrauchsopfer kritisiert Kardinal Marx scharf

„Untätigkeit", „fehlende Hirtensorge" und „moralische Versäumnisse": Richard Kick, Mitglied des Betroffenenbeirats im Erzbistum München und Freising, macht dem Münchner Kardinal schwere Vorwürfe.

Missbrauchsbetroffener macht Kardinal Reinhard Marx schwere Vorwürfe. © IMAGO / Sven Simon

Update 26.1.2022:  Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx, hat über seinen Pressesprecher auf die Vorwürfe reagiert.

München – Richard Kick, Mitglied im unabhängigen Betroffenenbeirat der Erzdiözese München und Freising, hat den Münchner Kardinal Reinhard Marx aufgefordert, seine bischöfliche Hirtenaufgabe wahrzunehmen. "Hören Sie auf, die Verantwortung für die Schuld an den abscheulichen Verbrechen an dieser großen Zahl von Kindern, Jugendlichen und Erwachsener Schutzbefohlener anderen anzulasten", schreibt Kick in einem offenen, am Dienstag in München veröffentlichten Brief an Marx. "Öffnen Sie Ihr Herz und gehen Sie mit weit geöffneten Armen auf uns Betroffene zu."

Marx hat Glauben zerstört

Kick hat jahrelangen sexuellen Missbrauch durch einen Priester der Erzdiözese München und Freising erlebt. Nach dem persönlichen Gespräch darüber mit Marx im Jahr 2010 "haben Sie meinen Glauben und das Vertrauen in die Institution Kirche durch Ihre fehlende Hirtensorge, Ihre nicht nur moralischen Versäumnisse und Ihrer Untätigkeit völlig zerstört". Durch das verantwortungslose "Nicht"-Handeln des Kardinals sei der Täter nicht bestraft worden, sondern habe weiter seinen Weg gehen können und sei dann 2019 "in allen Ehren als unbescholtener Priester" beerdigt worden.

Wenn Sie selbst von Missbrauch betroffen sind, oder jemanden kennen, der von Missbrauch in der katholischen Kirche betroffen ist, dann finden Sie auf der Seite der Deutschen Bischofskonferenz Informationen, wohin Sie sich wenden können. Auch im Erzbistum München und Freising gibt es verschiedene Anlaufstellen für Betroffene.

An Marx appellierte Kick, dafür zu sorgen, dass das jahrzehntelange Leid von so vielen Betroffenen durch eine "angemessene und schnelle Entschädigungsleistung finanzieller Art" gewürdigt werde. Die bisherigen Zahlungen seien angesichts der Taten im sakralen Kontext allenfalls als "Almosen" zu bezeichnen. Weiter sollte der Kardinal dazu aufrufen, dass sich noch die weitaus größere Zahl von Betroffenen im "Dunkelfeld" melde, und er diesen das persönliche Versprechen gebe, zu helfen.

Betroffenenbeirat unterstützt offenen Brief

Weiter fordert Kick Marx auf, die Grundlage zu schaffen, dass Betroffene, ihre Familien, Kirchenbedienstete wie auch die Kirchengemeinden und Gläubigen wieder Vertrauen in ihren ureigenen christlichen Glauben fänden. Dazu gehöre auch, dass die absolute Verlässlichkeit der kirchlichen Repräsentanten gewährleistet sei und zudem eine den Menschen zugewandte Seelsorge Einzug halte. Der Brief ist laut Kick in Abstimmung mit dem Betroffenenbeirat erfolgt. (kna)