Pro: Sprache soll wertschätzen
Sprache ist soziales Handeln. Mit Sprache schaffen wir Wirklichkeiten, Sprache kann diskriminieren, abgrenzen, abwerten. Aber genauso kann Sprache inkludieren, wertschätzen, Grenzen überwinden. Ludwig Wittgenstein hat dazu gesagt: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“ Die Diskussion um geschlechtergerechte Sprache ist kein neues Thema. In der Sprache soll die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in gesprochener und geschriebener Form zum Ausdruck gebracht werden. Sprache ist ein Baustein zu einer geschlechtergerechten Welt, auch einer geschlechtergerechten Kirche.
In den Leitlinien zur Gleichstellungsordnung des Erzbischöflichen Ordinariats München (EOM) steht seit 2006 dazu: „In allen Schreiben des EOM ist bei der Bezeichnung von Personen und Stellen (sofern nicht etwas anderes angezeigt ist) die weibliche und männliche Form anzuwenden, damit sich Frauen und Männer stets gleichzeitig angesprochen fühlen. Folgende Schreibmöglichkeiten können dabei gewählt werden: ‚Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter‘ – ‚Mitarbeiter/innen‘.“
Wenn wir als Kirche den Anspruch vertreten, eine Kirche für alle Menschen zu sein und niemanden auszuschließen, dann dürfen wir das auch nicht über unsere Sprache machen. Dann müssen wir jetzt vielmehr überlegen, wie sich Sprache weiter diskriminierungsfrei entwickeln kann. Was können wir tun, um auch das aktuelle Personenstandsgesetz von 2019 in der Sprache zum Ausdruck zu bringen? Dabei lässt sich feststellen, dass es keine Norm gibt, nur verschiedene Ideen und Möglichkeiten! Diese müssen sich entwickeln, diese müssen wir mitentwickeln.
Welche Möglichkeiten gibt es? Viele Möglichkeiten werden gerade ausprobiert – das Binnen-I („LeserInnen“), der „Gender-Stern“ („Leser*innen“), der „Gender-Gap“ („Leser_Innen“) oder auch der „Gender-Doppelpunkt“ („Leser:innen“), den Computervorleseprogramme gut umsetzen können, indem sie in der Sprachausgabe nur kurz absetzen und flüssig weiterlesen. Somit wäre das sogar eine Variante für digitale Barrierefreiheit.
Wir sehen, geschlechtergerechtes Schreiben ist möglich. Es ist eine Frage des Willens und des Wollens, des Sich-Bemühens, mit unserer Sprache kreativ umzugehen. Oft brauchen wir dann auch nicht mehr Wörter oder Zeichen! Eine geschlechtergerechte Sprache macht Frauen wie Männer deutlich sichtbar, spricht beide ausdrücklich an und bemüht sich um eine Symmetrie, in der Frauen und Männer gleichwertig benannt werden. Eine geschlechtergerechte Sprache fördert, dass Frauen (wie Männer) als eigenständige Menschen und als aktiv Handelnde gesehen werden, dass Leistungen von Frauen (und Männern) gesehen und anerkannt werden, und dass Frauen (und Männer) motiviert werden, das Leben in der Kirche mitzugestalten und mitzubestimmen. (Katharina Dötsch, Gleichstellungsbeauftragte der Erzbischöflichen Ordinariats München)

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Frauenrolle im Christentum
Gleichstellung und Gender- was sagt die Bibel?
Die Forderung nach Gleichstellung von Frauen und Zugang zu allen Ämtern in der katholischen Kirche wird deutlicher gestellt. Was war denn eigentlich Gottes Idee für Frauen und Männer?