Neue Spitze in der diözesanen Jugendarbeit

Erste geistliche Leiterin will, dass Kirche in der Gesellschaft relevant bleibt

Sie hat jetzt schon Geschichte geschrieben: Johanna Gressung ist die erste Frau, die die geistliche Leitung des Bundes der deutschen katholischen Jugend und des Erzbischöflichen Jugendamtes in München inne hat. Zu ihrer Amtseinführung sprach die 30-jährige Pastoralreferentin über ihre neue Aufgabe.

Die aus dem Bistum Trier stammende Pastoralreferentin Johanna Gressung leitet ab dem 1. Juni BDKJ und EJA. © Daniel Köberle

mk-online: Frau Gressung, schon vor Ihrem Amtsantritt am 1. Juni ist klar, dass Sie als erste Frau an der Spitze von BDKJ und EJA Geschichte schreiben, fühlt es sich auch für Sie so an?

Ja, definitiv! Vor allem flößt es mir aber einen Heidenrespekt ein, das als junge Frau machen zu dürfen. Zuvor habe ich bei der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG) auf Landesebene gearbeitet und mitbekommen, wie der BDKJ München und Freising dafür gekämpft hat, die Stelle der geistlichen Leitung auch für Nichtpriester zu öffnen. Erfreulicherweise hat der Kardinal da mitgemacht.

Was verrät es über die Stimmung im Verband, dass mit Ihnen schon bei der ersten Wahl eine Frau für das Amt bestimmt wurde?

Ich glaube, dass die Wähler großen Respekt vor der Entscheidung hatten, die sie damit treffen durften. Sicher haben sie sich auch für ein klares politisches Zeichen entschieden, indem sie eine der zwei Frauen und nicht den zur Wahl angetretenen Priester gewählt haben.

Inwiefern hat es sich auf Ihre Wahl ausgewirkt, dass die Forderungen nach mehr Demokratie und Mitbestimmung in der Kirche beim Synodalen Weg nach Ansicht vieler junger Christen nicht erfüllt worden sind?

Die Stimmung ist ernüchtert und die Hoffnungen sind gesunken, dass da noch viel dabei rumkommen wird. Gleichzeitig ist es unsere Aufgabe als katholische Jugend, immer wieder der Stachel im Fleisch zu sein. Zu sagen: Hey, ihr habt da Beschlüsse gefasst – was ist denn jetzt damit? Wir wollen vorangehen und wir wollen, dass sich was tut und wir als Kirche in der Gesellschaft relevant bleiben.

Können Sie den Frust vieler junger Christen nachvollziehen, die den Glauben an die Kirche verlieren?

Auch ich habe frustrierende Momente in der Jugendarbeit erlebt. Zum Beispiel wenn es an Priestern gescheitert ist, Jugendarbeit so gestalten zu können, wie wir wollten und wie es vielleicht auch im Sinne der Jugendlichen gewesen wäre. Es ist frustrierend, wenn man eine tolle Idee hat, sie dann aber nicht umsetzen kann. Aber ich muss sagen, dass mir das sehr selten passiert ist – und das ist auch der Grund, warum ich heute überhaupt hier sitze: Mir sind vorrangig großartige Priester, großartige Hauptamtliche und großartige Ehrenamtliche begegnet, die mit mir Kirche gestaltet haben. Als neue geistliche Leitung des BDKJ und des EJA will ich daran mitarbeiten, dass Kindern und Jugendlichen in unserer Kirche so etwas auch weiterhin so passiert.

Was bringen Sie dafür mit?

Ich bin eine junge und motivierte Frau, die sich schon sehr lange in der Kirche engagiert. Das ist der Ort, an dem ich die Frau geworden bin, die ich heute bin und der Grund, warum ich heute hier sitze. Jugendarbeit hat mich hierhergebracht und motiviert mich für diese neue Stelle. Ich konnte im Schutzraum kirchlicher Jugendarbeit werden, wer ich bin. Das will ich auch anderen Kindern und Jugendlichen ermöglichen.

Viele Jugendliche haben diese Verbindung zu Kirche nicht mehr, wie könnte sich das wieder ändern?

Mir ist es wichtig, dass wir als junge Christen und als Jugendverbände den Prozess von Verbänderung in der Kirche mitgestalten. Wir müssen uns – egal ob pfarrlich oder verbandlich – die Frage stellen: Wie können wir heute Kirche sein? Wie geht katholisch Sein heute für junge Menschen? Und wir müssen diejenigen unterstützen, die bei uns noch aktiv sind. Denn wir wissen, dass katholisch zu sein nicht immer leicht ist und auch zu Recht hinterfragt wird. Umso wichtiger ist es, in Kirche einen Ort und eine Gemeinschaft zu finden, in der man sich wohlfühlt. Wo es die gibt, will ich die Menschen dazu motivieren, sich auszuprobieren und ihre eigenen Perspektiven einzubringen. Also: sagen, was sie sich vorstellen und benennen, was aus ihrer Sicht nicht gut läuft. Ich will das Gesicht und die Stimme dieser jungen Christen sein.

Welche Herausforderungen warten in ihrem neuen Job auf Sie?

Angesichts der aktuellen Krisen sehe ich es als unsere absolute Pflicht, Kinder und Jugendliche beim Erwachsenwerden zu begleiten. Das ist eine klassisch seelsorgliche Aufgabe, in der wir dringend gefragt sind. Darüber hinaus müssen wir als katholische Verbände und Jugendvertretungen zeigen, dass wir noch immer nah an der Gesellschaft und an der Lebenswirklichkeit von Kindern und Jugendlichen dran sind. Außerdem müssen wir zeigen, dass wir als katholische Jugend immer noch etwas zu sagen haben, mitgestalten wollen und modern sind.

Die Verbände beackern häufig ähnliche Felder wie die Pfarrgemeinden und konkurrieren um die Ehrenamtlichen…

Das erlebe ich ähnlich. Allerdings bin ich – in Anlehnung an den BDKJ-Slogan – mit dem Motto „Gemeinsam katholisch, politisch, aktiv“ zur Wahl angetreten. Ich wollte das gemeinsame hervorheben, weil ich glaube, dass wir als katholische Jugend inzwischen einfach zu wenige sind, um uns noch gegenseitig Konkurrenz zu machen. Eine pfarrliche und eine verbandliche Jugend können sich aber hervorragend ergänzen und voneinander profitieren. Wenn wir in der Kirche etwas verändern wollen, dann müssen wir uns zusammentun. (Das Interview führte Korbinian Bauer, Redakteur beim Sankt Michaelsbund)

Am Mittwoch 24. Mai wird Johanna Gressung im Rahmen eines  Gottesdienses mit Kardinal Marx in der Jugendkirche vom Guten Hirten im Kirchlichen Zentrum in München in ihr Amt eingeführt. Ihre neue Aufgabe tritt sie offiziell am 1. Juni an.