Pro:
Leider Gottes scheinen sich die Stimmen zu mehren, die unserer Kirche vorhalten, obrigkeitshörig auf die jetzige Corona-Krise zu reagieren. Mir war als denkender katholischer Priester und verantwortungsvoller Mensch von vornherein klar, dass wir diese Pandemie als katholische, weltumfassende Kirche mit großer Solidarität mit bekämpfen müssen. Die Schnelligkeit und die Dynamik des neuen Coronavirus zwingt staatliche und kirchliche Verantwortliche zu schnellen und einschneidenden Schutzmaßnahmen. Ich war froh, dass unsere Kirche auch durch unseren Papst und unsere Bischöfe klare und verantwortungsbewusste Signale der Solidarität mit all denen gesandt haben, die sich an der Bekämpfung dieser katastrophalen Pandemie beteiligen. Dies müssen wir auch tun angesichts der vielen kirchlichen Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, Schulen und Kindergärten, die in katholischer Trägerschaft arbeiten.
Unser Papst Franziskus hat sich in Solidarität mit den vielen Leidenden und Sterbenden verbunden und stand alleine auf dem leeren Petersplatz. Für mich ein eindrucksvolles Bild: wie ein leidender Christus, der zu uns steht.
Ein Segen wenigstens virtuell verbunden zu sein
Auch unsere Pfarrgemeinden haben schmerzlich erleben müssen, dass sie in unseren Kirchen nicht in gewohnter Weise in Gemeinschaft Gottesdienste feiern können. Viele haben stattdessen Gottesdienste im Fernsehen und im Internet mitgefeiert.
Die Übertragung von Gottesdiensten über die Medien ist für uns nicht neu. Schon seit vielen Jahren erreichen wir mit Gottesdiensten, die über Medien ausgestrahlt werden, viele Menschen, die aus verschiedensten Gründen nicht zur Kirche kommen können. Für sie und besonders unsere Kranken ist diese Möglichkeit, Gottesdienste mitfeiern zu können, ein Segen. In der jetzigen Krise war es für uns alle ein Segen, wenigstens über Fernsehen und Internet miteinander als Kirche verbunden zu sein.
Wir haben mit Recht nicht gezögert, die Entscheidungen unserer für das öffentliche Wohl verantwortlichen Politiker mitzutragen. Dabei haben wir aber nie vergessen, dass dieses schmerzliche Opfer ein Ziel haben muss: dass wir unsere Gottesdienste nicht mehr nur über Fernsehen und Internet mitfeiern können, sondern wieder in unseren Heimatkirchen.
"Ins Gebet nehmen"
Trotz aller Einschränkungen ist dieses Ziel jetzt schon teilweise erreicht. Noch mehr freuen wir uns, wenn wir wieder ohne Mund-Nase-Schutz und Platzbeschränkungen in vollen Kirchen zusammen mit unseren Seelsorgern, mit unseren Ministranten und unserer Kirchenmusik strahlende Feste des Glaubens feiern können.
Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir auch weiterhin unsere politisch Verantwortlichen in Kirche und Staat solidarisch mit „ins Gebet nehmen“. (Prälat Josef Obermaier Domkapitular i. R., ehemaliger Seel- sorgereferent der Erzdiözese)