Heiligenverehrung

Zwei Heilige - zwei Tage

Bis vor Kurzem mussten sich der heilige Quirinus und der heilige Benno einen Gedenktag teilen. Jetzt können die beiden wichtigen Heiligen des Erbistums München und Freising einzeln gefeiert werden.

Quirinus-Fresko (um 1690) von Hans Georg Asam in der ehemaligen Klosterkirche St. Quirinus in Tegernsee © Archiv des Erzbistums München und Freising

Dass es im Heiligenhimmel einmal Platzprobleme geben könnte, ist theologisch ausgeschlossen. Doch im Heiligenkalender kann es schon einmal zu Gedränge kommen. So war es in unserem Diözesankalender viele Jahre lang: Denn am 16. Juni wurde sowohl des heiligen Bischofs Benno von Meißen als auch des Märtyrers Quirinus von Tegernsee gedacht. Beide werden bei uns seit Jahrhunderten verehrt, beide aber stammen nicht von hier und hatten zu Lebzeiten mit Bayern nichts zu tun.

Zwei "fremde" Heilige

Der römische Christ Quirinus erlitt an einem 25. März zwischen 268 und 270 in Rom das Martyrium und wurde in einer der Katakomben bestattet. Als die beiden adeligen Brüder, die um 760 das Kloster Tegernsee gegründet hatten, nach Rom pilgerten und den Papst um Reliquien eines Heiligen für ihr Kloster baten, erhielten sie seine Gebeine. Die feierliche Beisetzung in der Tegernseer Klosterkirche fand unter Beteiligung dreier Bischöfe am 16. Juni 804 statt. Da der 25. März bereits durch das Fest der Verkündigung des Herrn „belegt“ war und meist in die Fastenzeit fällt, entwickelte sich anstatt – wie üblich – des Todestages der Jahrestag seiner Übertragung zum Hauptfest des heiligen Quirinus.

Bischof Benno lebte wesentlich später in Sachsen. Während seiner 40-jährigen Amtszeit förderte er die Mission und setzte sich in politischen Konflikten für friedlichen Ausgleich ein. Bald nach seinem Tod am 16. Juni 1106 begann die Verehrung an seinem Grab im Meißner Dom. Doch Martin Luther kritisierte die Benno-Verehrung scharf, und nach Einführung der Reformation übergab 1576 Meißens letzter katholischer Bischof die Reliquien an Herzog Albrecht V. von Bayern, der dem „verfolgten“ Heiligen eine neue Heimat bot. Seit 1580 befinden sie sich in der Münchner Frauenkirche. Der sächsische Bischof wurde zum Patron Bayerns ausgerufen und im ganzen Land verehrt, besonders natürlich in der Hauptstadt.

Entflochtene Heiligenfeste

Dagegen konzentrierte sich die Verehrung des heiligen Quirinus auf das Einflussgebiet des Klosters Tegernsee. So wurde bei der Erneuerung des liturgischen Kalenders nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil das Benno-Fest am 16. Juni als gebotener Gedenktag in der ganzen Erzdiözese und für München sogar als Hochfest eingestuft. Das Gedenken an den heiligen Quirinus am selben Tag war dagegen nicht geboten und fand deshalb in den meisten Pfarreien wohl auch nicht statt.

Kürzlich jedoch hat man diesen Kalender-Konflikt durch Verschiebung des Quirinus-Gedenkens auf den nicht anderweitig belegten 17. Juni entschärft. So besteht nun weder in München noch anderswo im Erzbistum ein Hindernis, beide Heiligenfeste zu feiern.

Heilige Quellen

Kennenzulernen gibt es mit Quirinus eine Heiligengestalt, die das antike Christentum mit der Frühzeit der Kirche in unserem Land verbindet. Seine Verehrung mag zwar in Bayern nur regional sein, aber sie reicht bis nach Südtirol und Niederösterreich, wo die Tegernseer Klosterweingüter lagen. Dabei spielen sowohl eine heilsame Quelle, die bei seiner Übertragung entsprungen sein soll, als auch eine Erdölquelle am Westufer des Tegernsees eine Rolle. Lange hat man das „Quirinus-Öl“ bei Krankheiten verwendet und seine Wirkung der Fürsprache des Heiligen zugeschrieben.

Und als man zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach mehr Öl bohrte, fand man die Jod-Schwefel-Quellen, denen Bad Wiessee seine Entstehung verdankt. Man mag das so verstehen, dass der Heilige dadurch das Medium seines heilenden Wirkens gewechselt hat. Passenderweise eröffnet das nagelneue Wiesseer Badehaus jetzt am 15. Juni seine Pforten. (Roland Götz, stellvertretender Direktor von Archiv und Bibliothek des Erzbistums)