München - Als US-Truppen vor 75 Jahren Anfang Mai das Kloster Ettal in den Ammergauer Alpen erreichen, endet die Leidenszeit für einen Kirchenmann, den die Nationalsozialisten mundtot gemacht hatten. Der Jesuitenpater Rupert Mayer ist nach jahrelanger Internierung bei den Benediktinermönchen wieder ein freier Mann. In dieser Zeit nicht öffentlich auf die Kanzel steigen zu können, ist für den Priester eine harte Strafe. Immerhin hat Pater Mayer es vor seiner Verbannung nach Ettal sieben Jahre lang erfolgreich geschafft, sich seine Meinung nicht nehmen zu lassen.
Auch als Presse und Rundfunk schon längst gleichgeschaltet sind, warnt er in der Münchner Jesuitenkirche Sankt Michael unablässig vor den Gefahren der NS-Diktatur. Für Pater Mayer ist klar, dass er nicht wie viele andere in der Kirche überwintern wird, indem er schweigt, wenn er sieht, wie die Nazis nach und nach auch die Religionsfreiheit einschränken. Er nennt das Unrecht auf der Kanzel laut beim Namen. In einer seiner Predigten sagt er: „Nie dürfen wir für einen faulen Frieden eintreten. Wenn es um Dinge geht, die Gott gebietet, müssen wir durchhalten, auch wenn es Kampf und Streit gibt. Wo die Interessen Gottes in Frage stehen, hört der Friede auf.“
Weiterpredigen trotz Einschüchterung
Im April 1937 ist es aber erst einmal vorbei mit der Meinungsfreiheit. Pater Mayer bekommt Redeverbot. Er hält sich nicht daran und wird Anfang Juni verhaftet. Noch reicht die Empörung der Kirchenleitung und der Münchner Bevölkerung aus, um den beliebten Priester wieder frei zu bekommen. Trotzdem nutzt Pater Mayer die Gelegenheit, sich klar für das Recht auf Meinungsfreiheit zu positionieren. Vor dem Sondergericht erklärt er schriftlich: „Trotz des gegen mich verhängten Redeverbotes werde ich weiterhin predigen, selbst dann, wenn die staatlichen Behörden meine Kanzelreden als strafbare Handlungen und als Kanzelmissbrauch bewerten sollten.“
Als Pater Mayer seine Ankündigung wahrmacht, folgt ein Katz-und-Maus-Spiel aus Verhaftungen und Freilassungen, bis der Jesuit 1940 einen Tag vor Heilig Abend ins Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt wird. Die KZ-Haft bringt ihn an den Rand des Todes, so dass der Münchner Kardinal Michael von Faulhaber, der bislang Pater Mayers Vorgehen toleriert hat, mit der Gestapo einen Kompromiss schließt: Er ordnet dessen Verbannung mit Predigtverbot nach Ettal an und erfüllt damit die Bedingungen der Gestapo für eine Entlassung aus dem KZ.