Oberammergau/Vatikanstadt – Regisseur Christian Stückl (58) rät dem Papst, für die Osterfeierlichkeiten im Vatikan trotz der Corona-Krise "die Stellung zu halten". Franziskus könne diese Herausforderung meistern, sagte der Spielleiter der Oberammergauer Passionsspiele.
Er habe den Papst am Freitagabend beobachtet, als er völlig allein auf dem Petersplatz den Segen "Urbi et orbi" gespendet habe. "Das war ein ganz neues starkes Bild, das seine Wirkung sicher nicht verfehlt hat", so der Intendant des Münchner Volkstheaters. Franziskus habe signalisiert: "Ich bin da, ich halte die Stellung hier auf dem Platz, auch wenn ich sie ganz allein halten muss." Wenn das Kirchenoberhaupt bei den Osterfeiern an diese Dramaturgie anknüpfe, könne die Inszenierung gelingen.
Das schreit nach Seelsorge
Die vermehrten Online-Gottesdienste in der Krisenzeit überzeugten ihn dagegen nicht, sagte Stückl. "Das kann man schon mal machen. Doch am Ende wird das zu wenig sein." Die Kirche stehe in Deutschland vor dem "Grundproblem", dass wegen des Priestermangels ohnehin viel zu wenig kirchliche Seelsorge stattfinde. "Und in der jetzigen Situation, die geradezu nach Seelsorge schreit, kommen Kontaktverbote und Ausgangssperren hinzu. Das finde ich ganz schwierig", so der Regisseur.
Die 42. Oberammergauer Passionsspiele 2020 waren kürzlich wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden. Sie sollen nun 2022 stattfinden. Aus Stückls Sicht "ging es nicht anders". Es habe bei den Proben immer mehr Absagen gegeben, weil sich viele Darsteller einfach nicht mehr getraut hätten. Mit einer solchen Angst könne ein Theater schlecht umgehen: "Vernünftige Arbeit ist unmöglich, wenn jeder darauf bedacht ist, Distanz zu halten und dem anderen aus dem Weg zu gehen." (kna)