Glaubensporträt

Nächstenliebe als Lebenaufsgabe

Er ist Malteser durch und durch: Der Münchner Michael Dzeba engagiert sich seit Jahrzehnten für den Malteser Hilfsdienst. Er hat Kino ins Altenheim gebracht, hält Sterbenden die Hand und baut nun in Kroatien den Malteser Hilfsdienst auf.

Michael Dzeba macht es sichtlich Freude, anderen Menschen zu helfen. © Kiderle

Die Freude, anderen zu helfen, zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben. „Ich bin wahnsinnig gerne für andere Menschen da, unterstütze sie, lache mit ihnen oder höre ihnen einfach nur zu.“ Auch deshalb engagiert sich Michael Dzeba seit Jahrzehnten bei den Maltesern. Zunächst als Stadtbeauftragter München und nun auch als Botschafter für Kroatien.

Dass das wichtigste Gebot des 44–Jährigen „liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ ist, versteht sich fast von allein. „Das setzt aber voraus, dass man sich selber annehmen muss und kein Problem mit sich selbst haben darf – sonst funktioniert das nicht.“

Das große Vorbild: Otto von Habsburg

Michael Dzeba reflektiert viel, sein Leben, sein Tun, Politik, Gesellschaft, Kultur. Er macht sich Gedanken, führt sich Probleme vor Augen, sucht nach Lösungen und packt an. Das mag auch an seiner jahrelangen freundschaftlichen Beziehung zu Otto von Habsburg liegen, dem ältesten Sohn des letzten Kaisers von Österreich, Karl I., der 20 Jahre für die CSU Mitglied des Europaparlaments war.

„Mit 15 Jahren bin ich Otto von Habsburg vorgestellt worden“, erinnert sich Dzeba. Damals hätten die beiden sofort eine außenpolitische Diskussion angefangen, bis Habsburg sagte, „hier ist nicht der richtige Ort, besuch mich in Pöcking“. Dort wurden aus den anberaumten 30 Minuten viele Stunden. „Dann sprang Habsburg auf und brachte aus seinem Arbeitszimmer einen Stapel Bücher mit den Worten: ‚Lies das, in vier Wochen kommst du wieder und dann wirst du abgefragt wie in der Schule‘“, erinnert sich Dzeba lächelnd. Es habe sich damals ein jahrelanges Lehrer-Schüler-Verhältnis entwickelt. Bis heute sei Habsburg sein großes Vorbild. „Ich liebe es, Verantwortung zu übernehmen, also nicht einfach nur zu reagieren, sondern zu agieren.“

Kampf gegen die Einsamkeit der Senioren

Deshalb war es auch nur ein kleiner Schritt, sich beim Malteser Hilfsdienst zu engagieren. Mit gerade mal 18 Jahren erkannte Michael Dzeba damals das größte Problem in Altenheimen: Einsamkeit. Er trommelte junge Menschen zusammen, die Senioren im Altenheim besuchten, sich mit ihnen unterhielten, vorlasen, sich um sie kümmerten. Der Besuchsdienst wurde ein Riesenerfolg. „Ich habe alte Luis-Trenker-Filme mit einem Beamer an die Wand geworfen und ihnen das Kino sozusagen nach Hause ins Heim gebracht“, blickt Dzeba zurück. Die Heimbewohner seien begeistert gewesen.

"Es geht um heil werden, nicht gesund werden."

Und Dzeba, der BWL und Politik in München studiert hat, spürte, wie gerne er anderen Menschen hilft, ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Deshalb hat er für die Malteser 15 Jahre lang Alte, Kranke und Behinderte nach Lourdes begleitet. „In Lourdes habe ich verstanden, dass es nicht darum geht, gesund, sondern heil zu werden“, sagt er und rückt seine randlose Brille zurecht. Wie er das meint? Dzeba sucht nach Worten. „Mit der Krankheit bekommst du gegen deinen Willen ein Kreuz aufgebürdet. In Lourdes merken die Menschen, dass sie nicht in der Minderheit sind mit ihrem Kreuz, das sie tragen müssen. Sie legen dort ihr Kreuz ab, atmen tief durch und nehmen das Kreuz selbstbestimmt wieder auf. Diese Selbstbestimmtheit führt dazu, dass sozusagen ein Schalter umgelegt wird.“

Er selbst habe das in Lourdes mit eigenen Augen gesehen. „Ich habe einem Mann geholfen, der seit Jahrzehnten nur im Bett lag, in seiner Trage in den Zug zu hieven. Bei der Messe in Lourdes ist er plötzlich aufgestanden und umhergelaufen. Er war nicht mehr Außenseiter, sondern Teil der Gesellschaft.“

Nahtoderlebnis mit Mitte 30

Seit Lourdes habe Dzeba zwar keine Angst mehr vor Sterben und Tod, aber einen gewissen Respekt. Mit Mitte 30 hatte der gebürtige Münchner wegen eines ärztlichen Kunstfehlers ein Nahtoderlebnis. „Ich schaute in den Nachthimmel mit unzähligen Sternen. Jeder flackerte für einen Bruchteil einer Sekunde auf und zeigte mir einen Moment aus meinem Leben. Das hat mich wahnsinnig überfordert, weil es so intensiv und schmerzhaft war.“ Er schweigt kurz. „Da wusste ich, dass ich noch so viele Baustellen habe, die ich unbedingt schließen muss.“ Wie wichtig das ist, weiß er aus seiner Hospizarbeit. „Als Sterbebegleiter sitzt du stundenlang am Bett, hälst die Hand, hörst zu. Du bist sozusagen ‚Sparringspartner‘ und hilfst, Baustellen zu schließen.“

Inwiefern ihm der Glaube im Leben hilft? Dzeba nippt am Espresso. „Der Glaube ist das Skelett, das mir Halt gibt im Leben. Ohne Glaube würde ich zusammenfallen wie ein Häufchen Masse.“ Obwohl Dzeba schon immer ein Ur-Vertrauen hatte und die Dinge so akzeptiert, wie sie kommen, bereiten ihm zwei Dinge Sorge. Zum einen „die zunehmende Radikalisierung an den Rändern, uns ist der Grundkonsens in der Gesellschaft abhandengekommen“. Zum anderen, dass man oft nicht in Würde altern kann, beispielsweise durch Altersarmut oder den Pflegenotstand. „Das geht mir persönlich sehr nah und regt mich menschlich auf, dass diese Personen keine Lobby haben“, gibt der Malteser zu.

Damit auch in Kroatien Menschen in Würde sterben können

Seine Oma, die einen Schlaganfall hatte, wurde zu Hause bei Dzebas gepflegt, „für mich als damals 14-Jährigen war das normal“. Die querschnittsgelähmte Oma hat er im Rollstuhl auch in die Kirche gefahren. „Sie war so heiter, hatte große Lebensfreude und hat zu Hause oft Kirchenlieder gesungen.“ Ihm ist bewusst, dass die Pflege der Familie maßgeblich Anteil daran hatte.

Dzeba, der für Stiftungen arbeitet, legt Wert darauf, dass ihm trotz seines vielen Engagements immer auch Zeit für sich selbst bleibt. Um auf Flohmärkten zu stöbern, auf dem Berg oder am Strand die Seele baumeln zu lassen. Der Katholik, der jahrelang ministriert hat, geht gerne in eine leere Kirche, um dort Zwiesprache mit Gott zu halten, den er sich nicht als alten Mann vorstellt, sondern als „das Gute, die Liebe, die in uns steckt“.

Vor zwei Jahren hat er als Malteser Botschafter in Kroatien nach über 100 Jahren dort den Malteserorden wiedergegründet. „Wir haben jetzt sechs Mitglieder“, berichtet er.“
Dzebas großer Traum: In ein, zwei Jahren mit einer kroatischen Gruppe nach Lourdes zu fahren. „Langfristig würde ich gerne ein Malteser Hospiz in Kroatien aufbauen, damit auch dort Menschen in Würde sterben können.“ Ein Mann, immer unterwegs, um anderen zu helfen und Freude zu schenken.

Die Autorin
Susanne Hornberger
Münchner Kirchenzeitung
s.hornberger@michaelsbund.de