Katholische Armutskonferenz

"Überwindung von Armut ist christliche Grundphilosophie"

Auch oder gerade in einer reichen Stadt wie München ist Armut ein großes Thema. Das wurde bei der 3. Katholischen Armutskonferenz der Münchner Caritas deutlich. Kardinal Reinhard Marx sprach bei seinem Vortrag von einem "beunruhigenden Trend".

Kardinal Marx bei seinem Vortrag auf der Katholischen Armutskonferenz © Kiderle

"Die Sozialsätze reichen in München überhaupt nicht aus. Davon kann man sich keine gesunden Lebensmittel, Obst und Gemüse kaufen." Es sind Aussagen wie diese, die dem Thema Armut auf der Fachtagung in der Katholischen Akademie in München eine Stimme geben. Im Tagungssaal haben die Organisatoren anonymisierte Zitate von Betroffenen auf Plakate gedruckt. "Wir wollen Armut sichbar machen. Das tun wir mit dieser Konferenz", erklärt Hermann Sollfrank, Direktor des Caritasverbands in der Erzdiözese München und Freising. Die Vielzahl an Krisen, wie der Krieg in der Ukraine, Inflation und steigende Preise hätten die Lebenssituation der Menschen existenziell verändert. In Deutschland sei ein Sechstel der Bevölkerung arm, in München betreffe das jeden Siebten, betont der Caritasdirektor.

Die anhaltend steigenden Kosten für Wohnen, Lebensmittel und Energie bedrohten nicht nur die Existenz von Bedürftigen und Geringverdienenenden. Sie verunsicherten inzwischen auch die Mittelschicht und führten zu Abstiegsängsten. "Da kommt plötzlich ein Familienvater in die Schuldnerberatung, der die Raten fürs Haus oder die Wohnung nicht mehr bezahlen kann", erklärt Sollfrank.

Wohnungslage weiter problematisch

Ein zentrales Thema für die Caritas in München und Oberbayern bleibe die Wohnraumproblematik. "Wir brauchen endlich mehr Sozialwohnungen, eine Wohnungsbauoffensive, die diesen Namen verdient", so der Caritasdirektor. Gebraucht würden mehr Genossenschaften und Dienstwohnungen auch von großen Unternehmen. Das inzwischen erhöhte Wohngeld sei eigentlich ein gutes Signal. "Aber auf den Bescheid warten Antragsteller in der bayerischen Landeshauptstadt oft ein Jahr und länger."

Caritas-Vorständin Gabriele Stark-Angermeier hebt hervor, dass aus "Armuts-Bekämpfung nicht Armen-Bekämpfung" werden dürfe, denn dann verrohe die Gesellschaft. Es genüge nicht, Arme nur zu versorgen. "Sie werden erst aus ihrer Abhängigkeit heraustreten können, wenn sie selbst zu Wort kommen und Gesprächspartner auf Augenhöhe finden", so Stark-Angermeier.

Katholische Armutskonferenz


Die Katholische Armutskonferenz findet alle zwei Jahre in München statt. Dabei geht es unter anderem um den Austausch aktueller Erfahrungen, sozialer Analysen und Trends sowie Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Maßnahmen bei der Bekämpfung von Armut. Veranstalter ist die Caritas München in Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern der katholischen Sozialverbände, kirchlichen Einrichtungen und ehrenamtlichen Caritas-Gremien.

Auch Kardinal Reinhard Marx ruft in seinem Vortrag dazu auf, die Armen nicht aus dem Blickfeld zu verlieren, "weil jeder Mensch eine Würde hat". Die Schere zwischen arm und reich gehe immer weiter auseinander. Viele Menschen hätten keinen Zugang mehr zu Grundbedürfnissen wie ausreichendem Wohnraum, Gesundheit oder Bildung, die eigentlich jedem zustünden. Armut dürfe "nicht als ein gegebenes Schicksal" hingenommen werden, ihre Überwindung gehöre "zur Grundphilosophie des christlichen Glaubens, aber auch eines modernen Sozialstaates", so der Münchner Erzbischof. "Keiner ist überflüssig. Deswegen müssen wir alles tun, um Menschen aus der Armut herauszuführen und ihnen so ein Leben zu ermöglichen, das selbstbestimmter ist." In diesem Bereich engagierten sich die Haupt- und Ehrenamtlichen in Kirche und Caritas in vielfältiger Weise.

Der Autor
Klaus Schlaug
Online-Redaktion
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