Gebetswoche für die Einheit der Christen

In Gottes Liebe bleiben

Die Schwestern von Grandchamp haben die Texte für die heurige Gebetswoche vorbereitet. Das Gebet für die Einheit der Christen steht für sie im Mittelpunkt ihrer ökumenischen Gemeinschaft.

Mittagsgebet in der Gemeinschaft von Grandchamp © imago images / epd

In den 1930er Jahren wurde die Bedeutung des Schweigens für das Hören auf Gottes Wort von einigen reformierten Frauen aus der französischsprachigen Schweiz wiederentdeckt, die sich die „Frauen von Morges“ nannten. Gleichzeitig ließen diese Frauen die Praxis der Einkehrzeiten wiederaufleben, um ihr Glaubensleben zu intensivieren. Sie orientierten sich dabei am Vorbild Jesu, der sich an einen einsamen Ort zurückzog, um zu beten. Bald schlossen sich ihnen andere an, die an den regelmäßig stattfindenden Einkehrzeiten in Grandchamp, einem kleinen Dorf in der Nähe des Neuenburgersees, teilnahmen. Die wachsende Zahl von Gästen und Teilnehmern an den Einkehrzeiten machte es erforderlich, einen dauerhaften Ort für Gebet und Gastfreundschaft zu finden.

Heute gehören zur Gemeinschaft fünfzig Schwestern, fünfzig Frauen aus verschiedenen Generationen, kirchlichen Traditionen, Ländern und Kontinenten. In ihrer Vielfalt sind die Schwestern ein lebendiges Gleichnis der Gemeinschaft. Sie halten in Treue fest an einem Leben des Gebets, einem Leben in Gemeinschaft und der herzlichen Aufnahme von Gästen. Die Schwestern teilen die Gnade ihres klösterlichen Lebens mit Besuchern und Freiwilligen, die für eine Zeit des Rückzugs, der Stille, der Heilung oder auf der Suche nach Sinn nach Grandchamp kommen.

Gebetswoche für die Einheit der Christen


Die Gebetswoche für die Einheit der Christen wird seit 1908 begangen und weltweit jedes Jahr vom 18. bis 25. Januar oder zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten gefeiert. Der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen und der Ökumenische Rat der Kirchen verantworten sie gemeinsam, wobei in jedem Jahr eine ökumenische Gruppe aus einem anderen Land die Vorbereitung übernimmt. Die Texte für die Gebetswoche für die Einheit der Christen 2021 wurden von der monastischen Kommunität von Grandchamp vorbereitet. Das gewählte Thema „Bleibt in meiner Liebe und ihr werdet reiche Frucht bringen“ basiert auf der Bibelstelle Joh 15,1–17 und geht zurück auf die Berufung der Gemeinschaft von Grandchamp zu Gebet, Versöhnung und Einheit in der Kirche und der Menschheitsfamilie.

Gebet für Einheit steht im Mittelpunkt

Die ersten Schwestern erlebten den Schmerz der Spaltung zwischen den christlichen Kirchen und litten unter der Trennung. Sie wollten diese überwinden und wurden darin durch ihre Freundschaft mit Pater Paul Couturier, einem Pionier der Gebetswoche für die Einheit der Christen, ermutigt. Daher stand das Gebet für die Einheit der Christen von Anfang an im Mittelpunkt des Lebens der Gemeinschaft. Sehr wichtig war auch die Begegnung mit Roger Schütz, dem künftigen Frère Roger von Taizé, der Grandchamp 1940 besuchte. Er wurde in seiner eigenen Suche bestärkt durch die der Schwestern, mit denen er in Kontakt bleiben sollte. Im Lauf der Jahre entwickelten sich Verbindungen, die 1953 noch tiefer wurden – dem Jahr, in dem die Gemeinschaft von Grandchamp die Regel und die Gebetsordnung von Taizé übernahm, kurz nachdem beide veröffentlicht worden waren.

Der für 21. Januar geplante zentrale Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen in München wird aufgrund der aktuellen Corona-Infektionslage auf Pfingsten verschoben. Im globalen Kontext werde die Gebetswoche neben der Woche vom 18. bis 25. Januar an vielen Orten auch in der Woche vor Pfingsten gefeiert.

Einklang mit sich selbst, mit Gott und den Nächsten

Das Motto der diesjährigen Gebetswoche „Bleibt in meiner Liebe und ihr werdet reiche Frucht bringen“ geht von den unterschiedlichen Facetten des johanneischen Wortes aus: ein Leben im Einklang mit sich selbst, mit der Gemeinschaft, in die jede und jeder Einzelne gestellt ist, und mit Gott. In Gottes Liebe zu bleiben, heißt zunächst, mit sich selbst versöhnt zu werden. In Christus zu bleiben, ist eine innere Haltung, die im Laufe der Zeit wächst. Sie kann vom Kampf um das Lebensnotwendige überholt werden und wird durch die Ablenkungen, den Lärm, die Hektik und die Herausforderungen des Lebens bedroht.

Jesu Wort und seine Liebe befähigen zur Nächstenliebe: zur Liebe derjenigen, die uns als Christinnen und Christen anvertraut sind, aber auch zur Liebe zu anderen christlichen Traditionen. Durch das Bleiben in Christus wachsen so Früchte der Solidarität und des Zeugnisses. Spiritualität und Solidarität sind untrennbar miteinander verbunden. Wer in Christus bleibt, empfängt die Kraft und die Weisheit, ungerechte und unterdrückende Strukturen zu bekämpfen, einander als Schwestern und Brüder in der einen Menschheitsfamilie zu erkennen und eine neue Lebensweise zu schaffen, die von Respekt und Gemeinschaft mit der ganzen Schöpfung geprägt ist. Einklang mit sich selbst, mit Gott und den Nächsten ist damit der bleibende Auftrag, an den die Texte der Gebetswoche 2021 erinnern. (pm)

Auf der Website der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) finden sich Texte und Materialien für die Gebetswoche für die Einheit der Christen 2021.