Gebetswoche zur Einheit der Christen

Ökumene heißt "bewohnte Erde"

Die Einheit der unterschiedlichen christlichen Glaubensgemeinschaften soll gestärkt werden, damit Christsein glaubwürdig bleibt.

Bei der traditionellen Gewässersegnung der Isar drängen sich viele Menschen um die griechisch-orthodoxen Priester. © Kiderle

Ökumene: Das griechische Wort für die „bewohnte Erde“ verwendet man in der Theologie, um auf den interchristlichen Dialog hinzuweisen, dessen Ziel die – alles andere als selbstverständliche – Einheit der Christen ist. Das Bild des Christentums weltweit ist äußerst bunt. Aber allein schon in unserem Freistaat: Christliche Multilateralität ist ein spannendes Faktum.

In der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Bayern werden gerade 22 Kirchen vertreten: neben der römischkatholischen und der evangelisch-lutherischen Kirche nimmt eine beachtliche Vielfalt orthodoxer und orientalischer Kirchen, evangelischer Freikirchen und anderer zahlenmäßig kleinen Kirchen daran teil. Es geht um christliche Traditionen mit tiefen geschichtlichen Wurzeln, reichlichen theologischen Impulsen und vielen lebendigen Gemeinden. Kirchliche Vielfalt ist daher nicht voreilig negativ zu konnotieren; wer möchte Schätze anderer christlicher Konfessionen und Potenziale, die sich aus der Gemeinschaft mit ihnen ergeben, einfach ignorieren?

Ökumene bedeutet Gemeinschaft

Der wortgeschichtliche Zusammenhang von Ökumene und „Oikos“ (= Haus) deutet auf einen wichtigen Auftrag der Ökumene hin: Wenn man als Christ die Welt als sein Haus wahrnimmt, möchte man auch einen Modus des friedlichen und konstruktiven Zusammenlebens mit den anderen Bewohnern desselben Hauses entwickeln, und sogar umso mehr mit den Menschen, mit denen man das Christ-Sein teilt. In mehreren Epochen der Kirchengeschichte bestimmten polemische Abgrenzungsstrategien das
theologische Wort, die zu schmerzhaften Spaltungen führten; endlich wurde es aber den meisten Kirchen deutlich, dass es besser ist, miteinander statt einfach übereinander zu reden.

Gemeinsam am Tisch zu sitzen, Unterschiede zu besprechen, aber auch realistische gemeinsame Projekte zu planen, erweist sich viel sinnvoller als kontraproduktive parallele Monologe der verschiedenen Konfessionen. Anstatt mit der Brille einer Hermeneutik des Verdachts auf andere Traditionen zu schauen, möchte man gemeinsam und (selbst)kritisch auf die Vergangenheit blicken und mit den ökumenischen Glaubensgeschwistern gemeinsam die Zukunft der Kirchen gestalten. Ökumenische Gremien gibt es auf Welt-, Kontinental-, National-, Regional- und Lokalebene; einige davon fördern den Dialog zwischen zwei (bilateral) und mehreren (multilateral) Kirchen; es gibt Strukturen, wo man im Auftrag der offiziellen Kirchengremien arbeitet, sowie Basisinitiativen, die ebenfalls entscheidende Impulse liefern. Dank, durch und in den vielfältigen ökumenischen Strukturen können die Kirchen zusammenwachsen. Man lernt, was Dialog heißt: Fairness, Gleichberechtigung, gegenseitige Bereicherung, Solidarität, kreativer Geist.

Einsatz für die Einheit macht Christen glaubwürdig

Wenn wir für die Einheit arbeiten, gewinnen wir als Christen an Überzeugungskraft; Jesus erinnert uns daran: „Ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben. Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast“ (Joh 17,20–21). Wir arbeiten für die Einheit nicht aus Angst vor Kirchenaustritten. Die authentische Ökumene ist Ausdruck eines befreienden Gehorsams dem Willen Jesu Christi gegenüber, der selber für die Einheit betet, und zugleich Frucht der Freude, der Auferstehungsfreude, der Freude des Evangeliums. Wir stehen für die Ökumene nicht aus Hoffnungslosigkeit, sondern aus und in Hoffnung. Wir wollen gemeinsam Zeugnis von der Guten Nachricht ablegen. Mehrere Unterschiede unserer Kirchen sind wichtig (zum Beispiel Tauf- und Eucharistieverständnis, die Ämter in der Kirche, ethische Fragen) und wir nehmen sie ernst, deswegen diskutieren wir intensiv theologisch darüber.

Gute Ökumene ist die theologisch solide Ökumene; alles andere erzeugt lediglich Frustrationen. Letztendlich ist aber die Ökumene eine Aufgabe des ganzen Volkes Gottes; jede und jeder ist eingeladen, mitzumachen, auf jeder Ebene, wo dies möglich und sinnvoll ist. „Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20), verspricht Jesus. Wir beten und arbeiten für die Ökumene wissend, dass Jesus seine Versprechen hält. (Georgios Vlantis,griechisch-orthodoxer Theologe und Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Bayern.)