Die vergangenen Wochen und Monate waren für Susanne Pechel (56) keine leichten. Niemals zuvor in den heuer mittlerweile 30 Jahren seines Bestehens musste der Christliche Entwicklungsdienst (CED) eine finanzielle Priorisierung seiner humanitären Projekte vornehmen. Ein herber Schlag für die Münchner Tropenärztin Pechel, Gründerin und bis heute unermüdliche „Mutter Courage“ des überkonfessionellen Hilfswerks. 2005 wandte sie ihr Privatvermögen auf, um den CED in eine Stiftung zu überführen. Pechel, die sonst stets unerschütterlicher Optimismus und Begeisterung auszeichnen, ist merklich angefasst, wenn sie berichtet, dass nun nicht mehr alle in Frage kommenden bedürftigen Kinder in CED-Schulprojekte aufgenommen werden können: „Sie haben somit keine Chance, dem Teufelskreis der Armut zu entkommen, rutschen ab in die Kriminalität oder werden von ihren Eltern aus Verzweiflung zwangsverheiratet. Das ist schrecklich.“
50 Prozent weniger Spenden
Normalerweise erbringen die Monate November bis Februar mit der Advents- und Weihnachtszeit das Gros der finanziellen Zuwendungen für ein kleines Hilfswerk wie den CED. Doch die Bilanz fällt heuer ernüchternd aus: Rund 50 Prozent weniger Spenden im Vergleich zum Vorjahr hat Pechel für den CED zu verzeichnen. Grund für den drastischen Einbruch: Das öffentliche (Hilfs-)Interesse hat sich in der jüngeren Vergangenheit vor allem der Flutkatastrophe an der Ahr und nun dem Ukraine-Krieg zugewandt. Dazu kommen auch die wirtschaftlichen Einbußen vieler Förderer bedingt durch die Corona-Pandemie. Viele überlegen es sich nun oft zweimal, ob und wen sie finanziell unterstützen.
Der CED ist aber auf langfristige und zuverlässige Gelder angewiesen: Heute trägt er Projekte für Armenhäuser, Krankenstationen, Schulen, Ausbildungszentren, Brunnen und Bewässerungssysteme, Behindertenheime sowie Obdachlosenhilfe, Gesundheitserziehung, Nahrungsmittelhilfe, Schulausbildung und HIV-/AIDS-Hilfe in Indien, Tansania und Peru. Die Konfession spielt dabei keine Rolle: „Oft werde ich gefragt: ,Helft ihr nur Christen?‘ Ich antworte dann immer: ,Wäre das denn christlich?‘ Nein, alle, die von uns Hilfe benötigen, bekommen sie in unseren Projekten. Sie sollen der gesamten Bevölkerung zugutekommen“, erklärt Pechel, die 2017 für ihre ehrenamtliche CED-Lebensleistung mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden ist.