Neue Form der heiligen Messe

Gottesdienst auf dem Floß

Im Pfarrverband Seeon geht man gerne ungewöhnliche Wege: Der Gottesdienst fand am frühen Morgen während einer Flussfahrt statt. Die Besucher waren so begeistert, dass daraus gerne eine Tradition werden kann.

Der Gottesdienst auf dem Floß war ein voller Erfolg. © Zandl

Los ging’s bereits um 6.30 Uhr an der Bootsanlegestelle Seebruck (Dekanat Baumburg). 56 Erwachsene, vier Kinder und Truchtlachings wohl bekanntester Hund, der Dackel Vroni von Organistin Andrea Wittmann, waren früh aufgestanden, um eine Meditations- und Gottesdienstfeier auf der Alz zu erleben. Pfarrer Florian Schomers, der extra den Urlaub bei seiner Familie in Rosenheim für die Floßfahrt unterbrach, trat einmal mehr als Menschenfischer in Erscheinung: „Ein alter Pfarrer schafft es, junge Burschen am Morgen aus dem Bett zu bringen“, begrüßte er die Sonntagsgemeinde auf fließendem Untergrund.

Gemeint waren die Flößer Tobi Marks, Felix Krassner sowie Chris und Marco Furtner, deren Arbeitstag außergewöhnlich früh begann. Grund für den frühen Start war das zunehmende Bootsaufkommen auf der Alz bereits am frühen Vormittag, bei dem keine so ruhige Stimmung mehr möglich gewesen wäre. Nach einer Einstimmung mit Daten und Hintergründen zu Natur und Gewässer durch die vier Flößer begrüßte auch Pfarrgemeinderatsvorsitzender Konrad Daxenberger die Leute.

Beruhigende Meditation

Das Floß fuhr von der Morgendämmerung in die aufgehende Sonne hinein, an manchen Stellen lag bereits der für den Herbst typische Wasserdampf über dem Fluss. Kurz vor 7 Uhr wurde mündlich „zusammengeläutet“ und der Wortgottesdienst begann. Pfarrer Schomers führte mit einer lebensnahen Meditation in den Tag ein, bei der es um den Lebensfluss ging. Szenen aus dem eigenen Leben wurden vom Geistlichen beschrieben, vom Lauf des Lebens und Familienentwicklungen, die man wie die Landschaft am Ufer bei strömendem Gewässer mit Fantasie an sich vorbeiziehen lassen konnte. Absolute Ruhe herrschte dabei auf dem Floß, man ließ sich in meditativen Gedanken treiben.

Liturgisch hielt sich Pfarrer Schomers an das Tagesevangelium, bei dem der Glaube einer kanaanitischen Frau – also einer Heidin aus damaliger jüdischer Sicht – im Mittelpunkt stand. Das Entscheidende der biblischen Geschichte sei in diesem Fall nicht das Heilungswunder, sondern die Grundaussage, dass sich Gott nicht an Religionsgrenzen halte. Aus Sicht Schomers ist es manchmal wichtig, in Religionsfragen Traditionen zu überwinden. „Großer Gott, wir loben dich“, begleitet von der Organistin auf der Ziach, sorgte für den Schlusspunkt des außergewöhnlichen Gottesdienstes.

Ratschen bei Kaffee und Kuchen

Auf dem Floß bestand nun die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen, auch Kaffee, Tee und Gebäck waren vorbereitet. Nach der Anlandung wurde im Truchtlachinger Neuwirt zum Weißwurstfrühstück eingekehrt, bei dem man das Erlebte gemeinsam reflektierte. Maria Egginger war „vor x Jahren schon einmal bei einer Floßfahrt dabei“. – „Ich habe Ruhe und Stille beim Gottesdienst gesucht und gefunden und die Floßfahrt mit allen Sinnen aufgenommen und genossen“, sagte die Truchtlachingerin. Hartwig Richter aus der Pfarrei St. Georgen fand die sonntägliche Floßfahrt „bärig, andächtig und richtig schee. Das Wetter hat optimal gepasst.“ Und seine Begleiterin Barbara Günther befand: „Die Predigt war etwas Besonderes.“

Auch Initiator Daxenberger war „restlos begeistert. Alles hat zusammengepasst.“ Kirchenpfleger Thomas Riemensberger aus Truchtlaching sah in der Floßfahrt „eine wunderschöne Einführung zum Sonntag, der Gottesdienst hat mir sehr gut gefallen.“ Der frühere PGR-Vorsitzende Theo Mayerhöfer meinte gar: „Der Brauch mit der Floßfahrt soll Tradition werden, nur nicht im Winter“, wie der Senior augenzwinkernd hinzufügte. (Arno Zandl, freier MK-Mitarbeiter)