Bio-Pionier Claus Hipp

Gelebte Bewahrung der Schöpfung

In den Sechzigerjahren wurden die Hipps noch belächelt, als sie andere davon überzeugen wollten, Bio-Produkte zu produzieren. Heute ist der Babykost-Hersteller Marktführer. Die bewusste Verantwortung für die Schöpfung entnimmt Claus Hipp auch seinem christlichen Glauben.

Professor Claus Hipp – einer der großen Vorreiter des nachhaltigen Wirtschaftens. © HiPP/alex gerrard photography

mk online: Früher wurden Sie als Idealist verspottet, heute gelten Sie als Trendsetter in Sachen Bio-Anbau und Nachhaltigkeit. Wie fühlt sich das an?

Claus Hipp: Der Antrieb war nie, irgendwann als Trendsetter dazustehen. Es ist aber sicher eine Bestätigung für den Weg, den wir vor über 60 Jahren eingeschlagen und aus voller Überzeugung gegen großen Widerstand aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Großindustrie verfolgt haben. Konsequent haben wir auf den Einsatz von Chemie verzichtet, auch wenn viele den Kopf geschüttelt und uns für verrückt erklärt haben. Aber mir war schon damals klar, dass es gerade bei der Qualität von Babynahrung keine Kompromisse geben darf. Letztlich ist dieser Weg aber auch alternativlos. Die Natur funkt schon seit längerem SOS und wir müssen dringend reagieren. Nur auf gesunden Böden wachsen gesunde Pflanzen, die wiederum Basis für gesunde Lebensmittel sind. Heute freue ich mich, dass vor allem die junge Generation dieses Thema für sich erkannt hat.

Wie sind Sie in den 1960er Jahren zu diesem innovativen Entschluss gekommen, auf Ökolandwirtschaft umzustellen?

Meine Eltern standen in gutem Kontakt zu Dr. Hans Müller, dem Begründer des organisch-biologischen Landbaus. Die geschlossenen Betriebskreisläufe, wie er sie beschrieben hatte, waren für mich einleuchtend und passten zu meiner Vorstellung des nachhaltigen Wirtschaftens. 1956 haben wir unsere Landwirtschaft auf Bio umgestellt und erste Rohstoffe für unsere Babynahrung biologisch erzeugt. In den 60er Jahren bin ich von Landwirt zu Landwirt gefahren, um Überzeugungsarbeit zu leisten, für uns auf Bio-Anbau umzustellen. Damals wurde Technik und Chemie als fortschrittlich betrachtet. Unkraut von Hand zu jäten galt da bei der Mehrzahl als konservativ. Ein Bio-Landwirt galt zu dieser Zeit eher als Eigenbrötler und weniger als Innovator. Heute arbeiten wir mit rund 8.000 Bio-Erzeugern zusammen und sind weltweit größter Verarbeiter biologisch erzeugter Rohstoffe.

Wie leben Sie in Ihrem Alltag – beruflich und privat – Nachhaltigkeit?

Hipp: Der Begriff Nachhaltigkeit beschreibt den Dreiklang Ökonomie, Ökologie und Soziales und ist Mittelpunkt unserer Firmenphilosophie. Unsere Haltung haben wir schon in den 1990er Jahren in einer firmeneigenen Ethik-Charta zusammengefasst. Sie regelt unter anderem den fairen Umgang der Mitarbeiter untereinander und mit Geschäfts- oder Projektpartnern. Die Basis ist christlich motiviert: Unser Handeln und unser Wille sollen nicht von Eigennutz bestimmt sein, sondern davon, auch dem Wohl des Ganzen und dem nächsten Mitmenschen zu nutzen. Und daran orientiere ich mich selbstverständlich auch im Privaten.

Warum ist ein nachhaltiger Lebensstil so wichtig?

Hipp: Verantwortungsvolles und nachhaltiges Handeln hat stets das Interesse der kommenden Generationen im Auge. Wir dürfen nur das entnehmen, was wir brauchen und müssen den kommenden Generationen genug hinterlassen, dass auch sie ein angemessenes Leben führen können. Eigentlich ist es ganz einfach: von einem Apfelbaum dürfen Sie nur so viele Früchte nehmen, wie Sie brauchen, um satt zu werden. Sie dürfen aber nicht den ganzen Ast abschneiden, nur um besser an die Äpfel heranzukommen. Die Jüngeren werden die Auswirkung des heutigen Wirtschaftens am stärksten zu spüren bekommen. Es ist also ihre Zukunft, um die es geht. Schäden und Belastungen für die kommenden Generationen müssen wir vermeiden.

Kann man sagen, dass die große Bedeutung, die Sie der Nachhaltigkeit beimessen, Ihrer persönlichen Spiritualität entspringt?

Hipp: Einen Zusammenhang gibt es bestimmt. Die Verantwortung für die Schöpfung ist in der christlichen Lehre stark verankert. Der Umgang mit der Schöpfung setzt voraus, dass ein Schöpfer anerkannt wird. Für einen christlichen Unternehmer ist es selbstverständlich, mit den uns anvertrauten Gütern entsprechend verantwortungsvoll umzugehen. Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind gelebte Bewahrung der Schöpfung. 

Hören Sie eine Sonntagsmatinee mit Claus Hipp zum Thema „Nachhaltig handeln aus Schöpfungsspiritualität“. Musikalisch begleitet von Monika Drasch.

Zu hören im Münchner Kirchenradio auf DAB+/Digitalradio und online im Webradio am Sonntag, 08.11.2020, ab 11.30 Uhr (nach der Live-Übertragung aus dem Dom).

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Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Monat der Spiritualität