Der Versuch einer Definition

Frieden – was ist das?

Zum Frieden braucht es mehr als nur die Abwesenheit von Krieg, erklärt Professor Stephan Stetter von der Universität der Bundeswehr.

Stephan Stetter ist Professor an der Universität der Bundeswehr © smb/br

München – Was Krieg ist, das ist relativ leicht zu definieren: Eine gewaltsame Auseinandersetzung mit Hilfe von Waffen. Aber was ist eigentlich Frieden? Die meisten Menschen sagen so etwas wie: „Wenn kein Krieg ist“. Steffan Stetter ist Professor an der Universität der Bundeswehr in München und erklärt, dass diese Abwesenheit von gewaltsamen Auseinandersetzungen dann Frieden genannt wird, wenn es um die völkerrechtliche Definition geht, also die Frage, wie zwei Länder gerade miteinander umgehen.

Aber es ist doch schade, dass es ausgerechnet für einen so schönen Zustand scheinbar keine positiven Worte gibt. Doch, gibt es, sagt er: „Frieden hat Voraussetzungen. Die sind politischer Art: dass eine politische Ordnung geschaffen werden muss, an der Alle teilhaben können. Es muss ein Rechtssystem etabliert werden, in dem jeder seine fairen Chancen bekommt und nicht zuletzt muss eine wirtschaftliche und soziale Struktur geschaffen werden. Das heißt: Armut muss bekämpft werden.“

Aussöhnung nach Krieg ist schwierig

Diesen Zustand in einem Land oder zwischen zwei Ländern herzustellen, in denen es gerade noch kriegerische Auseinandersetzungen gegeben hat, ist allerdings richtig schwierig. Denn es gehe darum sich sowohl mit Übeltaten des anderen als auch den eigenen auszusöhnen, so Stetter.  Außerdem gebe es in vielen Konfliktgebieten auf beiden Seiten starke politische Kräfte, die nicht unbedingt Frieden wollen: "Die wollen den Konflikt gewinnen und nicht auf Ansprüche verzichten.“

Der Friedensprozess in Israel

Forschungsschwerpunkt des Professors ist übrigens Israel, wo er selbst studiert hat. Ein Land, in dem es noch nie einen wirklichen, echten Frieden gegeben hat. In den 90er Jahren war man auf einem ganz guten Weg, sagt er. Denn damals ginge es nicht nur um einen Waffenstillstand zu unterschreiben, sondern die Frage wie Israelis und Palästinenser in Frieden miteinander leben können.  Dabei würde der Begriff "Gerechtigkeit" eine Rolle spielen: " Denn das Gerechtigkeitsempfinden sowohl der Israelis als auch der Palästinenser muss erfüllt sein, damit beide Bevölkerungen hinter einem Frieden stehen."  Das sei eines der großen Probleme dieses Friedensprozesses gewesen, beschreibt Steffan Stetter.

Frieden bedeutet Vertrauen

Der letztendlich auch wieder gescheitert ist. Wie die meisten Versuche, lange Konflikte zu lösen. Von außen betrachtet kommt so manchem da das Bild von den kleinen Jungs (und ja: es sind in der Regel Menschen mit Y-Chromosom, die Kriege führen) in den Kopf, die sich im Sandkasten immer wieder gegenseitig die Schaufel auf den Kopf hauen. Genau wie im Sandkasten, gehe es letztlich darum , dass die Verantwortung meistens auf die anderen übertragen wird, sagt Stetter. Eine wichtige Frage sei:  "Kann ich der anderen Seite wirklich trauen? Denn ich liefere mich ja auch aus, wenn ich einen Frieden schließe." Deshalb bedürfte es  in all diesen Konflikten auch sehr viel äußerer Unterstützung: In der Diplomatie, in der Vermittlung, in den Verhandlungen und auch bei den wirtschaftlichen Chancen.  Jeder solle in den Genuss der wirtschaftlichen Früchte eines Friedens kommen, so der Professor. Das bedeutet, dass beispielsweise Entwicklungshilfe oder Handelsverträge auch dazu dienen, dauerhaften Frieden in Krisenregionen überhaupt möglich zu machen.