Deutsche Bischofskonferenz plant neue Struktur

Expertenrat soll bei Aufarbeitung des Missbrauchs helfen

Die katholische Kirche in Deutschland will ihre Missbrauchsarbeit intensivieren und besser vernetzen. Ein Konzept dazu stellten die Bischöfe jetzt bei ihrer Frühjahrsversammlung vor.

Bei der Präsentation neuer Strukturen zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs (v.l.): der Freiburger Erzbischof Stephan Burger, der Aachener Bischof Helmut Dieser; rechts im Bild der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp © SMB/Witte

Dresden – Die Bischöfe in Deutschland sehen in der Aufstellung eines Expertenrates eine wertvolle Ergänzung ihres Aufarbeitungskonzepts. Der Missbrauchsbeauftragte der Bischofskonferenz, Bischof Helmut Dieser (Aachen) sagte: "Der Expertenrat ist kein politisches Instrument, aber er braucht eine gesellschaftlich anerkannte Legitimation. Und da könnte uns die politische Seite helfen." Helmut Dieser warb deshalb für eine politische Beteiligung.

Das neue Gremium soll aus zehn Personen bestehen, unterschiedliche Qualifikationen wie Justiz, Medizin, Psychologie, Soziologie und Kriminalistik sollen vertreten sein. Kirchliche Mitarbeiter haben keinen Platz im Expertenrat, dagegen sehen die Pläne zwei Vertreter des bereits bestehenden Betroffenenbeirats im Gremium vor. Diesers Stellvertreter als Missbrauchsbeauftragter, der Freiburger Erzbischof Stephan Burger, erklärte, der Expertenbeirat solle den Bischöfen auf die Finger schauen und dabei helfen, manche Dinge zu verbessern und weiterzuentwickeln. Mit Blick auf die Auswahl der Experten sagte Dieser, es wäre der Bischofskonferenz am liebsten, wenn die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, mit ihrer Expertise dies übernehmen könnte. Sie habe zumindest schon eine Beteiligung zugesagt.

Jährlicher Zwischenstand in der Missbrauchsaufarbeitung

Zum Januar 2024 soll der Expertenrat seine Arbeit aufnehmen. Hauptaufgaben sind zweiteilige Monitorings: jährliche, öffentliche Berichte zur Erfassung aller Aufarbeitungs- und Präventionsmaßnahmen in den einzelnen Bistümern sowie zum Umsetzungsstand vereinbarter Standards und Richtlinien, inklusiver "dringlicher Empfehlungen" zur Verbesserung und Weiterentwicklung. Sollte ein Bischof mit seinen diözesanen Gremien sich gegen diese Empfehlungen des Expertenrates entscheiden, komme dieser Bischof auch in eine Begründungspflicht, machte Erzbischof Burger klar.

Sexueller Missbrauch an Kindern soll zukünftig noch besser aufgeklärt und bekämpft werden – mit Hilfe der drei Gremien Expertenrat, Betroffenenbeirat und Bischöfliche Fachgruppe. Der schon bestehende Betroffenenbeirat soll als eigenständiges Gremium erhalten bleiben. Bischof Dieser sprach den Mitgliedern Respekt und Dankbarkeit dafür aus, sich trotz der Missbrauchserfahrungen zu engagieren und Druck auf die Kirche auszuüben, Verantwortung für Prävention, Intervention, Aufarbeitung und Anerkennung wahrzunehmen.  

Bischöfliche Fachgruppe als Schnittstelle zum Expertenrat

Neu ist die bischöfliche Fachgruppe. Neben den Missbrauchsbeauftragten Dieser und Burger sollen ihr fünf weitere Bischöfe angehören, aus Bayern die beiden Ortsbischöfe Jung (Würzburg) und Oster (Passau). Man habe bei der Zusammensetzung darauf geschaut, wie man eine Querschnittsmenge hinsichtlich der Kommissionszugehörigkeit hinbekomme, erklärte Erzbischof Burger. In dem Gremium ist zum Beispiel ein Angehöriger der Jugendkommission oder der Kommission für geistliche Berufe vertreten.

An die Adresse der Politik sagte Bischof Dieser: "Die staatlichen Stellen sagen uns: Es ist gut, dass ihr vorangeht, wir sind noch nicht so weit, wie ihr jetzt für euren Bereich sein könnt." Er sehe darin eine Diskrepanz: einerseits mahne der Staat die Kirche laufend, sich dem Thema Missbrauch zuzuwenden, andererseits sehe er aber nicht, dass diese Arbeit sehr wichtig für die Kirche sei. Aber eben nicht nur für die Kirche. Eine Gesamtgesellschaft müsse sich den Fragen stellen, die man sich auch innerhalb der Kirche stelle.


Der Autor
Willi Witte
Radio-Redaktion
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