Katholische Kirche

Die Bedeutung von Licht und Kerzen aus Bienenwachs

Domzeremoniar Bernhard Stürber erklärt die liturgische Bedeutung des Lichts und wie wichtig es für die Gläubigen ist. Zudem verrät er, welche Bräuche mit dem Osterlicht verbunden sind.

In unseren Tagen leuchtet der Symbolcharakter der Kerze weit über das Christentum hinaus. © BillionPhotos.com - stock.adobe.com

Im Zentrum der Liturgie der Kirche steht eine Kerze. Am Beginn der Osternacht wird sie am Osterfeuer entzündet und mit dem dreimaligen Ruf „Lumen Christi“/„Christus, das Licht“ als einzige Lichtquelle in die dunkle Kirche getragen. Auf den Leuchter gestellt symbolisiert sie den erhabenen Christus als Sieger über den Tod. Diese besondere Kerze, die Osterkerze, wird sodann mit einer feierlichen Lichtdanksagung, dem Exsultet, besungen: „Aus dem köstlichen Wachs der Bienen bereitet, wird sie dir dargebracht von deiner heiligen Kirche durch die Hand ihrer Diener.“ Sie wird auch als „festliche Gabe“ besungen. Die Osterkerze ist als Symbol des auferstandenen Christus die liturgische Kerze schlechthin. Von ihrem Licht leitet sich das Licht aller Kerzen im Kirchenraum und darüber hinaus ab. In der Osternacht werden von der Osterkerze aus alle anderen Kerzen entzündet, vor allem jene, die die Gläubigen in den Händen halten. Das österliche Licht geht über auf jene, die als Getaufte Anteil am Ostersieg Christi über den Tod haben. Das Licht wird dabei jedoch nicht schwächer. Im Gegenteil: „Wenn auch ihr Licht sich in die Runde verteilt hat, so verlor es doch nichts von der Kraft seines Glanzes“, so das Exsultet.

Das österliche Licht als Opfergabe

Und weiter heißt es dort von der Osterkerze: „Nimm sie an als lieblich duftendes Opfer.“ Es mag uns heute vielleicht etwas fremd erscheinen, Kerzen aus Wachs als Opfergabe zu sehen. Ein Blick in die Geschichte mag dies erklären. Wachs hatte in der Antike einen enorm hohen Materialwert, war es doch aus dem Fleiß vieler Bienen gewonnen. Übrigens haben auch heute noch echte Bienenwachskerzen einen hohen Preis. Besonders seit dem Mittelalter wurde es üblich, Kerzen als Votivgaben, also als Stiftungen oder Opfer an besonderen Orten (vor Bildern, an Wallfahrtsorten) aufzustellen. Dabei drückt die Kerze den Wunsch des Gläubigen aus, seine Hoffnung auf Erlösung und Heil durch Christus erfüllt zu sehen. Gleichzeitig wird oft die Vorstellung damit verbunden, dass eine brennende Kerze das dauernde Gebet des Gläubigen symbolisiert.

Die Lügen am Altar

Auch die nichtstofflichen Eigenschaften des Wachses haben immer eine große Rolle gespielt. Seine Reinheit als Produkt der als jungfräulich und keusch geltenden Biene war dafür prädestiniert, die aus dem Wachs geformte Kerze zum Symbol Christi werden zu lassen. Dieser Zusammenhang ist bei den Kirchenvätern zu finden. Auch heute noch gilt die Regel, der zufolge die Osterkerze wie alle liturgischen Kerzen aus einem bestimmten Anteil an Bienenwachs gefertigt sein muss. Das rührt von der früheren Tradition, nur die edelsten Materialien für den liturgischen Gebrauch zu verwenden. Und eine weitere Eigenschaft des Kerzenwachses schien geeignet, zum Symbol Christi zu werden: Das Wachs schmilzt durch die Flamme, die Kerze verzehrt sich. Dies wurde als Zeichen für die Hingabe Christi durch sein Leiden und Sterben gedeutet. Von daher sind Kerzenattrappen aus Kunststoff mit eingesetzten Gaskartuschen, wie sie mittlerweile sogar an und auf Altären zu sehen sind, kein ebenbürtiger Ersatz, weil die Symbolik der Kerze nicht nur in ihrem Licht, sondern auch im Sich-Verzehren liegt. Der Liturgiewissenschaftler Rupert Berger bezeichnete solche Kunstoffkerzen gar als „Lüge am Altar“.

Das Bienenwachs und die Muttergottes

Schon in vorchristlicher Zeit war man der Meinung, dass sich die Bienen nicht auf geschlechtlichem Weg fortpflanzen. Die Kirchenväter haben diese Vorstellung aufgenommen und die Biene als Sinnbild oder Vorbild der jungfräulichen Gottesmutter gesehen. Dies mag zu der auch heute noch weit verbreiteten Praxis geführt haben, in den katholischen Kirchen vor den Bildern der Muttergottes so genannte Opferlichter zu entzünden.

Die Bedeutung des Lichterfestes

Ein besonderes „Lichterfest“ begeht die Kirche am 2. Februar, dem Lichtmesstag, im liturgischen Kalender „Darstellung des Herrn“ genannt. Die Liturgie dieses Festes, das in die Weihnachtszeit hineinreicht, sieht eine Kerzenweihe und eine Lichterprozession vor. An Lichtmess wurde und wird vielfach heute noch der Jahresbedarf an Kerzen für die Kirchen gesegnet. Die Gläubigen bringen mancherorts auch Kerzen für den häuslichen Gebrauch zur Segnung. So werden Kommunionund Hochzeitskerzen, schwarze Wetterkerzen, Versehkerzen und normale Haushaltskerzen mitgebracht, um sie segnen zu lassen. Wo dieser Brauch noch besteht oder wo er sinnvollerweise wiederbelebt wird, wird die Liturgie ins Leben, in den Alltag hinein verlängert und damit das tägliche Leben mit dem Glauben in Berührung gebracht. Bei der Lichterprozession dieses Festes gehen die Gläubigen mit Kerzen in den Händen Christus entgegen. Im Licht der Kerzen begleiten sie sein Kommen. Die bei der Prozession mitgetragenen Lichter erinnern dabei an den Jubel des greisen Simeon an diesem Tag, indem er Jesus „ein Licht, das die Heiden erleuchtet“ (Lk 2,32), genannt hat.

Die Dunkelheit mit Kerzen vertreiben

In unseren Tagen leuchtet der Symbolcharakter der Kerze weit über das Christentum hinaus. Sehen nicht alle Menschen in einer brennenden Kerze ein Symbol der Friedfertigkeit, Hoffnung oder Mahnung? In dunklen Zeiten der Weltgeschichte stellen wir Kerzen als Zeichen der Geschwisterlichkeit ins Fenster. Wir tragen sie auf der Straße, gedenken mit ihrer Hilfe der Opfer sinnloser Gewalt. Letztlich tun wir dies alles, um das Dunkel zu vertreiben (Exsultet) und in der Perspektive des Glaubens: um Christus als das Licht der Welt (Joh 8,12) anzuerkennen. (Bernhard Stürber)