Reformdebatte

Das Amazonas-Papier und seine Folgen für den Synodalen Weg

Immer wieder wurde gesagt: Der Text des Papstes zur Amazonassynode wird sich auf die kirchliche Reformdebatte in Deutschland auswirken. Nachdem er nun vorliegt, bleibt dennoch vieles offen.

Nachsynodales Schreiben zur Amazonas-Synode © kna

Frankfurt – Und jetzt? Die Beteiligten am Reformdialog Synodaler Weg zur Zukunft der Kirche in Deutschland haben mit Spannung nach Rom geschaut und darauf gewartet, welche Schlüsse Papst Franziskus aus dem rund 70 Seiten langen Schlussdokument der Amazonassynode zieht. Welche Reformen würde er anstoßen? Herausgekommen ist ein flammendes und eindringliches Plädoyer für die Umwelt und den Schutz des größten Regenwaldes der Welt, "das geliebte Amazonien" (Querida Amazonia - so der Titel). Doch für die innerkirchlichen deutschen Reformdebatten lassen sich nur vage Schlüsse ziehen.

Ergänzung zum Abschlussdokument

In den einleitenden Sätzen seines Lehrschreibens erinnert Franziskus an die Versammlung vom 6. bis 27. Oktober 2019 im Vatikan, bei der er "die Wortmeldungen gehört und die Beiträge der Arbeitsgruppen mit Interesse gelesen" habe. Mit "Querida Amazonia" will Franziskus nach eigenem Bekunden indes "nicht alle Fragen entfalten, die im Schlussdokument ausführlich dargelegt wurden. Ich habe auch nicht vor, es hiermit zu ersetzen oder zu wiederholen." Vielmehr empfiehlt er es zur gründlichen Lektüre und will "nur einen groben Rahmen für die Reflexion bieten".

Die Interpreationsschlacht kann beginnen

Und in Deutschland? Nach dem überwiegend als gelungen eingeschätzten Start des Synodalen Wegs Ende Januar in Frankfurt beginnen noch in diesem Monat die inhaltlichen Arbeiten. Vier "Foren" mit jeweils rund 35 Mitgliedern befassen sich hinter verschlossenen Türen mit den innerkirchlich heiklen Themen Sexualmoral, priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie der Rolle von Frauen. Ihre Papiere bilden die Grundlage für Beschlüsse, die bereits auf der nächsten Synodalversammlung in Frankfurt im Herbst gefasst werden könnten.

Erwartbar ist, dass in Deutschland nun wieder eine Interpretationsschlacht beginnt. Reformwillige und Konservative werden versuchen, die Deutungshoheit über das päpstliche Schreiben zu bekommen. Denn vieles bleibt offen - so wie schon bei dem im Sommer 2019 veröffentlichten "Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" von Franziskus, der je nach Interessenlage sehr unterschiedlich gedeutet wurde.

Franziskus folgt Johannes Paul II.

Wenig Argumente dürften in dem Lehrschreiben jene finden, die eine Öffnung der Weiheämter für Frauen in der katholischen Kirche fordern. In dieser Frage sieht sich das Kirchenoberhaupt offenbar stark an seine Vorgänger, vor allem an Papst Johannes Paul II., gebunden. Franziskus warnt ausdrücklich vor einer "Klerikalisierung der Frauen". Und der Satz "Die Frauen leisten ihren Beitrag zur Kirche auf ihre eigene Weise und indem sie die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria weitergeben" dürfte bei vielen Synodalteilnehmerinnen nur mäßige Begeisterung auslösen. Denn Franziskus formuliert hier mehr als einen "groben Rahmen für die Reflexion". Es wird spannend sein zu sehen, ob das Forum Frauen darauf eine Antwort findet.

Marx war treibende Kraft

Weder ein klares Ja noch ein deutliches Nein lässt sich aus dem Franziskus-Schreiben zur Zulassung verheirateter Männer zur Priesterweihe herauslesen. Auch das hatten sich viele anders gewünscht, nachdem bei der Synode in Rom eine große Mehrheit für begrenzte Zölibats-Ausnahmen votiert hatte. Allerdings hat der Papst die Tür für Änderungen auch nicht zugeschlagen. Ein weiteres Problem für das Projekt Synodaler Weg könnte die überraschende Ankündigung des Münchner Kardinals Reinhard Marx bedeuten, bei der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe in Mainz nicht erneut antreten zu wollen.

Denn Marx gehört nicht nur dem Synodalpräsidium an, er war auch die treibende Kraft, die den Prozess vor genau einem Jahr startete, und er war es, der das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) als Partner mit ins Boot holte Es gilt indes als sicher, dass die Konferenz keinen Vorsitzenden wählen wird, der den eingeschlagenen Weg verlassen will. Leichter ist all das in dieser Woche durch die Botschaften aus München und aus Rom jedenfalls nicht geworden. (kna/Michael Jacquemain)

Dieser Artikel gehört zum Schwerpunkt Synodaler Weg