Pressekonferenz in München

Caritas fordert mehr Fachkräfte für Kitas

Der Diözesan-Caritasverband fordert Lösungen von der Politik, um den Personalnotstand in Kindertagesstätten zu bekämpfen.

von links nach rechts: Angelika Sewalski, Sara Birzer, Prof. Dr. Hermann Sollfrank, Fred Ranner, Angelika Stark-Angermaier © SMB/Erdmann

Der derzeit herrschende Fachkräftemangel macht auch vor den Kindertagesstätten nicht Halt. Aktuell können viele Kitas gerade so ihren Betrieb aufrechterhalten. Das liegt nicht nur an der aktuellen Krankheitswelle. Es fehlt schlichtweg das geeignete Personal, weil der Beruf immer noch schlecht bezahlt wird und als unattraktiv gilt. Seit 1. August 2013 hat jedes Kind in Deutschland Anspruch auf einen Kitaplatz – vom ersten Lebensjahr bis zur Einschulung. „Doch so weit sind wir heute noch nicht“, sagt Angelika Sewalski. So fehlten zurzeit 62.000 Kitaplätze. Die erfahrene Sozialpädagogin und Fachdienstleiterin einer Kita in Dachau weiß, wie verantwortungsvoll ihr Beruf ist. Schließlich sei es ihre Aufgabe, „Kinder aufs Leben vorzubereiten“. Es sei also nicht damit getan, „den Betrieb aufrechtzuerhalten“. Doch aufgrund des Personalmangels müsste die Kita-Leitung schon mal an der Spüle stehen, anstatt sich um die Mitarbeiter oder die Kinder zu kümmern.

Der „Kollaps“ der Kitas sei einer „mit Ansage“ und eine Deckung der Personallücke zeichne sich nicht ab, betont Caritas-Direktor Professor Hermann Sollfrank. Deshalb sei es wichtig, den Themenkomplex gleich zu Beginn des Landtagswahljahres anzusprechen. Die Caritas fordert einen Anstellungsschlüssel von 1:9 anstatt 1:11. So könnten Kinder besser betreut und die Belastung des Personals reduziert werden.

Gelder falsch investiert

Die Vorständin des Diözesan-Caritasverbandes, Gabriele Stark-Angermaier, berichtet, es seien zwar 861 Millionen Euro in die Kitas investiert worden, allerdings hätte man dieses Geld lieber für das Personal verwenden sollen, anstatt nur die Kitagebühren zu reduzieren. So könne man den Personalmangel nicht bekämpfen.

Sewalski weiß aus Erfahrung, dass sich die Bedürfnisse von Kindern im Laufe der Jahre drastisch verändert haben. So kämen viele nicht mit einer normalen Gruppengröße klar, und aufgrund der Personalsituation sei es fast nicht mehr möglich, Kinder mit Behinderung in die Gruppen zu integrieren. Durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine seien viele Eltern verunsichert, erzählt sie. So sei das Kitapersonal inzwischen zu Krisenberatern geworden, obwohl sie dafür gar nicht ausgebildet seien.

Übergriffe nehmen zu

Sewalski und ihre Kollegen erleben, dass Übergriffe innerhalb der Familien zunehmen. Hier habe die Kita eine besondere Verantwortung, schließlich soll sie ein Kompetenz- und Schutzort sein. „Zu den Kleinsten gehören die besten Leute“, stellte Sewalski klar. Doch dafür sei es wichtig, die Mitarbeiter gesund und fit zu halten. Das gehe nur mit Zuversicht, Resilienz, Frustrationstoleranz und der Bereitschaft, sich auf neue Bedingungen einzustellen. Sonst drohe die Gefahr, dass manche Kinder in der Kita vernachlässigt werden müssten. Da helfe nur ein gutes Schutzkonzept

Auch die heilpädagogischen Tagesstätten kennen diese Probleme. Hier werden Kinder mit geistiger und seelischer Behinderung betreut, zusätzlich bekommen sie Logo-, Ergo und Physiotherapie. „Die Kinder werden immer schwieriger“, weiß Fachdienstleiter Fred Ranner. Zudem machten Menschen mit Behinderung nur einen kleinen Anteil der Bevölkerung aus, deshalb müssten die Kinder Fahrtzeiten von bis zu einer Stunde in Kauf nehmen, bis sie bei der Kita oder wieder zu Hause sind. Ranners Ansatz: „Wir müssen kleiner und regionaler werden.“ Die Idee, alle Kitas inklusiv zu gestalten, findet er sinnvoll.

Bessere Bezahlung, mehr Wertschätzung

Konsens herrscht darüber, dass Erzieherinnen und Erziehe besser bezahlt gehörten, auch schon in der Ausbildung. Außerdem müsse die Gesellschaft dem Berufsstand der Erzieher mehr Anerkennung und Wertschätzung entgegenbringen.

Sara Birzer steht erst am Anfang ihres Weges. Die 22-Jährige ist Auszubildende zur Erzieherin im dritten Lehrjahr und wollte immer schon „mit Menschen arbeiten“. Den ganzen Tag im Büro am Computer zu sitzen - das konnte sie sich einfach nicht vorstellen. In ihrem Beruf erlebt sie viel Dankbarkeit und Wertschätzung: „Wenn man morgens ankommt und ein Haufen Kinder umarmt Dich, das ist einfach ein schönes Gefühl.“ Doch auch sie wünscht sich neben einer besseren Bezahlung vor allem mehr gesellschaftliche Anerkennung. Viele Menschen hegten immer noch das gängige Vorurteil: „Du sitzt eh nur rum und spielst mit Kindern, das ist doch gar nicht anstrengend.“ Hier müsse noch viel getan werden. (Maximilian Lemli, Redakteur beim Michaelsbund)

Der Redakteur
Maximilian Lemli
Münchner Kirchenzeitung
m.lemli@michaelsbund.de