Bildung

Warum ist katholischer Religionsunterricht ein wichtiges Fach?

Vom Religionsunterricht können sich Schülerinnen und Schüler abmelden. Das geht ohne Probleme. Aber nur wenige tun das.

Vom Fach "Religion" können sich Schülerinnen und Schüler abmelden. © Gerhard Seybert - stock.adobe.com

Der Religionsunterricht ist das einzige Schulfach, von dem man sich ohne Probleme abmelden kann. Aber kaum eine Schülerin, kaum ein Schüler tut das. Vor etwa 15 Jahren sah das noch anders aus, damals meldeten sich gerade in der Oberstufe des Gymnasiums sehr viele Schülerinnen und Schüler vom Religionsunterricht ab. Das ist schon seit mehreren Jahren an allen Schularten ganz anders: Schülerinnen und Schüler aller Schularten, die katholisch getauft sind, besuchen in der Regel den katholischen Religionsunterricht. Dabei war es durch die immer breitere Etablierung des Ethik-Unterrichts noch nie so einfach, vom Religionsunterricht in das andere Fach zu wechseln. Aber nur wenige tun das. Stattdessen gibt es sogar eine bemerkenswerte Zahl von Eltern, die ihre Kinder, obwohl sie nicht getauft sind, zum Religionsunterricht anmelden. Beide Beobachtungen kann man nur so deuten, dass Eltern, Schülerinnen und Schülern der Religionsunterricht wichtig ist, dass sie ihn offenbar so relevant finden, dass sie nicht das alternative Fach Ethik wählen.Das sind starke Argumente für den Religionsunterricht: der klare Zuspruch zu diesem Unterrichtsfach von denjenigen, für die er eingerichtet wird. Zusätzlich das Interesse von weiteren Familien.

Religionsunterricht kann helfen mit Umbrüchen im Leben umzugehen

Je deutlicher sich abzeichnet, dass wir als Gesellschaft, als Land, ja sogar als Menschheit insgesamt auf eine Zeit großer und tiefgreifender Umbrüche zugehen, umso wichtiger wird es, Kindern und Jugendlichen in den prägenden Zeiten des Aufwachsens, der schulischen Bildung und Erziehung eine Grundlage mitzugeben, die sie durch diese Veränderungen tragen kann, die es ihnen ermöglicht, diese Umbrüche selbst mitzugestalten. Der Religionsunterricht ist das Fach, das diese Aufgabe in besonderer Weise erfüllen kann. In ihm werden die Grundlagen unseres christlichen Glaubens vermittelt, eines Glaubens, der gekennzeichnet ist durch die Zusage der bedingungslosen Liebe Gottes, durch eine begründete Hoffnung und durch eine Gemeinschaft, die Leben und Tod überspannt.

Zahlen, Daten, Fakten zum katholischen Religionsunterricht


Der Religionsunterricht ist das einzige Schulfach mit Verfassungsrang, das heißt, nur der Religionsunterricht ist als Schulfach über das Grundgesetz und die Bayerische Verfassung eingerichtet. Deshalb wird auch auf dem Gebiet der Erzdiözese München und Freising – wie auch in allen anderen bayerischen Diözesen – in allen staatlichen, kommunalen, kirchlichen und privaten Schulen Religionsunterricht erteilt. Auf dem Gebiet der Erzdiözese München und Freising besuchen im laufenden Schuljahr 2022/23 151.391 Kinder und Jugendliche, die katholisch getauft sind, den katholischen Religionsunterricht an den Grund-, Mittel- und Förderschulen sowie an Realschulen und Gymnasien. Das sind 94 Prozent der katholischen Schülerinnen und Schüler. Dazu kommen noch 16.299 Kinder und Jugendliche, die am katholischen Religionsunterricht teilnehmen, obwohl sie nicht katholisch getauft sind. Insgesamt sind also 167.690 Schülerinnen und Schüler im katholischen Religionsunterricht an den genannten Schularten auf dem Gebiet der Erzdiözese. Sie werden unterrichtet von 2.858 Lehrkräften mit Missio Canonica im staatlichen, kommunalen, kirchlichen und privaten Schuldienst sowie 437 Religionslehrkräften im Kirchendienst an Grund-, Mittel- und Förderschulen. Zudem sind 139 pastorale Mitarbeiter/ -innen auch im Religionsunterricht tätig.

Der Religionsunterricht ist ein Schulfach, das heißt, er vermittelt wie alle anderen Schulfächer auch in erster Linie Wissen und Kompetenzen, gibt darüber hinaus Raum für Diskussion und Reflexion großer Fragen und zeigt Zugänge zu einer gelebten Glaubenspraxis auf. Der Religionsunterricht kann es jedoch nicht leisten, der Ort für die Einübung einer solchen individuellen Glaubenspraxis sein.

Bibel im Religionsunterricht kennenlernen

Hier und in den vorhin beschriebenen Beobachtungen zeichnet sich ab, dass sich der Religionsunterricht auch weiterentwickeln wird: In Zeiten, in denen die religiöse Sozialisation der Kinder und Jugendlichen durch Familie und Pfarrgemeinde grundsätzlich erfolgte, hatte der Religionsunterricht andere Voraussetzungen als heute. Heute begegnen viele Kinder und Jugendliche im Religionsunterricht zum ersten Mal den Texten der Bibel, kennen die Liturgie nicht aus einer regelmäßigen eigenen Teilnahme an Gottesdiensten. Das zeigt, wie wichtig und wertvoll der Religionsunterricht ist, und das hat Auswirkungen auf den Unterricht, die sich in den kommenden Jahren vielleicht noch verstärken werden: Die Begegnung mit der Bibel, mit grundlegenden Glaubensinhalten, mit dem Ausdruck dieses Glaubens und dieser Hoffnung in Liturgie, Kunst und besonderen Lebensformen muss sicher grundlegender und intensiver werden. Auch ein neues Nachdenken, wie eine Brücke zwischen dem Religionsunterricht in der Schule und Orten gelebten Glaubens heute geschlagen werden kann, wäre wichtig.

In Zeiten tiefgreifender religionsdemographischer Veränderungen müssen regional oder auch auf bestimmte Schularten bezogen unterschiedliche Organisationsmodelle von Religionsunterricht entwickelt werden. Wo die Anzahl der Schülerinnen und Schülern, die einer der christlichen Konfessionen angehören, zu gering für eine eigene Religionsunterrichtsgruppe ist, gibt es schon jetzt Modelle, wie in solchen Fällen die jeweils zahlenmäßig größere Konfession in ihrem Religionsunterricht die anderen christlichen Schülerinnen und Schüler aufnehmen und ihnen auch gerecht werden kann. Die Erfahrung zeigt, dass das gemeinsam Christliche und die bereichernde Vielfalt der unterschiedlichen Konfessionen in diesen Gruppen deutlicher werden.

Religionsunterricht: Fach mit Zukunft

In vielen Bereichen unserer Gesellschaft werden wir von Vertrautem auch Abschied nehmen müssen. Umso wichtiger, dass wir uns bewusst sind, was absolut wertvoll ist, was – in neuen Formen – erhalten und an die nächsten Generationen weitergegeben werden soll, ja weitergegeben werden muss. Der Religionsunterricht ist deshalb ein Fach mit großer Zukunft, weil er Kindern und Jugendlichen das Christentum als Zugang zu einem gelingenden Leben und zu einer Hoffnung, die über dieses Leben hinausreicht, erschließen kann. Welches andere Schulfach könnte das von sich sagen? (Dr. Sandra Krump Ordinariatsdirektorin und leitet das Ressort Bildung im Erzbischöflichen Ordinariat München)