Ostern

Auferstehung mitten im Leben

Pfarrer Rainer Maria Schießler aus München macht sich heuer in seiner Osterpredigt eine Erzählung zu eigen. Nur auf den ersten Blick geht es dabei um Raupen.

Raupe und Schmetterling veranschaulichen das Ostergeschehen. © teptong - stock.adobe.com

Wenn man wie ich jedes Jahr die Ehre hat, seiner Gemeinde das Osterfest zu erklären, ist man für jede Hilfestellung dankbar. In diesem Jahr habe ich dafür die Erzählung von den Raupen und dem guten Menschen gefunden. Dieser entdeckte in seinem Garten eine Unzahl an Raupen und er hatte Mitleid mit diesem Gewürm, wie sie sich mühsam vorwärts plagten. Arme Raupen, dachte er. Sie sehen kaum die Sonne, ahnen nicht, wie schön der Regenbogen und der Vogelgesang sind. Aber wenn sie jetzt schon wüssten, wie sie als bunte, herrliche Schmetterlinge hoffnungsvoll und voller Lebensfreude umherfliegen werden. Wenn sie endlich erkennen, dass das Leben mehr ist als Fressen und Kriechen, und der Raupentod nicht das Ende bedeutet.

Ein Grund zum Feiern

Die Raupen hörten ihn natürlich nicht. Also probierte er es mit Bildern, malte sie auf, erzählte sie ihnen. Die Raupen hörten zu, nickten auch, aber dachten nur ans Fressen, verstanden nichts. Dann belehrte er sie, dass der Kokon nicht das Letzte sein wird, ihnen Flügel wachsen würden und sie leuchten würden wie Gold. „Jetzt spinnt er vollkommen. Mach dich vom Acker! Du hältst uns nur vom Fressen ab“, das war die Reaktion der Raupen.

Die Lehre dieser Geschichte: Raupen verstehen einfach die Botschaft von der Auferstehung in der leichten Gestalt eines Schmetterlings nicht. Hoffentlich geht es uns an Ostern anders, so mein erster Gedanke am Ende dieser Geschichte. Aber was erzähle ich den Leuten am Osterfest? Es gibt auch in unserer Sprache keine Worte, um das neue Leben, um den Himmel zu beschreiben. Eines unterscheidet uns aber von den Raupen: Wir können feiern.

Verwandlung nach dem Tod

Dieses Feiern, dieser Glaube, das alles verändert unser Leben. Da beginnt vielleicht schon diese Verwandlung, die wir eigentlich erst im Kokon, also nach dem Tod, erwarten. Da ist kein Ende mehr, das uns auf ewig begrenzen würde. Jetzt schon darüber hinausschauen auf das, was unvergänglichen Wert hat, in Liebe gegeben wird. Freundschaft leben, Streit beenden, Hilflosen die Hand reichen, Mutlose aufrichten, Hunger stillen, Frieden stiften: Das alles führt zu unvergänglichem Leben. So zu handeln, kann doch nur heißen, eine tiefe Sehnsucht und eine starke Hoffnung nach Leben in sich zu spüren. Auferstehung zum Leben, und zwar jetzt schon, das will ich meiner Pfarrei an diesem Osterfest vorschlagen. Mensch, wird das ein Osterfest werden!  (Rainer Maria Schießler, Pfarrer von St. Maximilian in München)

Podcast-Tipp

Schießlers Woche

Pfarrer Rainer Maria Schießler aus München wartet nicht darauf, dass die Menschen zu ihm kommen. Er geht dorthin, wo die Menschen eh schon sind. Er nennt die Dinge beim Namen, auch wenn ihm das schon so manches Mal Ärger eingebracht hat. Aber er will immer nur das eine: seiner Kirche - und damit den Menschen - dienen. Auch in seinem Podcast nimmt er kein Blatt vor den Mund. Er spricht über alles: Grundsätzliches, Spirituelles, aber auch kirchenpolitische Fragen.

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