Stiftskirche Berchtesgaden

Heiliges Spiel mit einarmigem Jesus an Karfreitag

In der Stiftskirche Berchtesgaden wird es an diesem Karfreitag ein ganz besonderes heiliges Spiel im Rahmen der traditionellen Liturgie geben. Im Mittelpunkt steht dabei eine mittelalterliche Christusfigur aus Holz mit nur einem Arm.

Als "handelndes" Bildwerk macht der in der Stiftskirche Berchtesgaden neu ausgestellte "wandelbare Christus" das Ostergeschehen eindrücklich erlebbar. © Pfarrarchiv Stiftsland/Andreas Pfnür

Berchtesdagen – Fachkenntnis, geübter Umgang mit Werkzeugen und das alles noch mit weißen Handschuhen – für die Ministranten Johannes, die beiden Kilians und Moritz die Voraussetzungen, um den einarmigen Jesus vom Kreuz zu holen. Eine besondere Schwierigkeit dabei war, dass der noch vorhandene rechte Arm des Gekreuzigten beweglich ist. Das heißt, dass dieser bei unsachgemäßer Behandlung einfach herunterklappen würde. Es ist die Generalprobe für die diesjährige Karfreitagsliturgie in der Stiftskirche.

Auf Dachboden gefunden

Der besondere Kruzifixus stammt aus dem 14. Jahrhundert. Er wurde 2015 auf dem Dachboden des Gotteshauses entdeckt und danach umfassend restauriert. Dabei handelt es sich um eine eher seltene Christusfigur, die früher noch über zwei bewegliche Arme verfügte. Diese wurde am Karfreitag am Kreuz verehrt, vom Kreuz abgenommen und - eingebettet in eine liturgische Dramaturgie mit Gebeten, Gesängen und Weihrauch und Kerzenlicht - zur Ruhe ins Grab gelegt.

Ein wahrer Schatz, so Pfarrer Thomas Frauenlob. Wie im Mittelalter soll der Gekreuzigte nun in einem kurzen geistlichen Spiel in die in die Liturgie am Karfreitag eingebunden werden. Damit soll den Gläubigen bildhaft die Leidensgeschichte Jesu nahegebracht werden. Erdacht hat sich das kurze geistliche Spiel der Berchtesgadener Theaterregisseur Max Reichenwallner.

Ministrantinnen üben Grablegung

Es gibt einen römischen Soldaten und Josef von Arimathäa. Die Ministrantinnen Anna, Celina und Valentina spielen die klagenden Frauen, in ihrer Mitte stützen sie die tiefverzweifelte Maria. Eine besondere Herausforderung für die vier jungen Mädchen. Zweimal werden die Kreuzabnahme und die Grablegung des einarmigen Jesu samt Prozession geübt, und dann sitzt alles perfekt.

Weltweit sind laut Erzbistum München und Freising rund 140 solcher Gekreuzigten-Figuren mit bewegbaren Armen bekannt. Den Berchtesgadener Fund mache sein Alter so besonders. Mit der Datierung zwischen 1360 und 1380 gehöre er zu den frühesten Kunstwerken dieses Typus, der erstmals um 1300 in Florenz nachgewiesen worden sei. (Andrea Haagn/kna)