Ziel der großen Kirchen

Was bedeutet eigentlich Ökumene?

Der Begriff „Ökumene“ hat eine lange Geschichte hinter sich. Was er ursprünglich bedeutet und warum die Einheit der Kirchen heute so ein wichtiges Ziel ist, erfahren Sie hier.

Gemeinsame Andachten, wie hier mit Kardinal Marx und Landesbischof Kopp an Heiligabend, sind ein Zeichen der Ökumene. © Kiderle

Wer heute von Ökumene spricht, denkt wahrscheinlich eher selten an die ursprüngliche Wortbedeutung. Im Altgriechischen handelt es sich um eine Partizipform von „wohnen“ und wurde schon im fünften Jahrhundert vor Christus verwendet, wenn von der gesamten bewohnten Erde die Rede war. Manchmal war damit auch nur das Römische Reich gemeint. Davon zeugt der Befehl zur Volkszählung in Lukas 2,1: „Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen.“

Als die Christen ihre ersten Konzilien, also wichtige Versammlungen, abhielten, wurden sie und deren Beschlüsse „ökumenisch“ genannt. Denn sie beanspruchten, für alle gültig zu sein. Damit kam der Begriff im vierten Jahrhundert in den kirchlichen Sprachgebrauch.

Steht seit 20. Jahrhundert für das Bemühen der Kirchen um Einheit  

Mit dem Zusammenbruch des Byzantinischen Reichs ging die politische Verwendung schließlich verloren, sodass es sich heute um einen rein kirchlichen Ausdruck handelt. Im 19. Jahrhundert bekam „ökumenisch“ in manchen evangelischen Kreisen neue Bedeutungsnuancen. Im Lauf der Geschichte war es immer wieder zu Konflikten und Abspaltungen gekommen. Jetzt wurde damit eine Ausrichtung beschrieben, der zufolge nationale, konfessionelle und andere Grenzen überwunden werden sollen. Im 20. Jahrhundert setzte sich der Begriff „ökumenische Bewegung“ dann für das Bemühen der Kirchen um Einheit durch.

Ziele der ökumenischen Bewegung sind neben der Einheit untereinander auch der gemeinsame Dienst an der Welt sowie das Bemühen um die Einheit aller Menschen. Ihr geht es also auch um Werte wie die Bewahrung der Schöpfung oder Gerechtigkeit. Eine institutionelle Form fand die ökumenische Bewegung 1948 in der Gründung des „Ökumenischen Rats der Kirchen“ (ÖRK).

Hauptaufgabe des Zweiten Vatikanischen Konzils

In der katholischen Kirche markiert das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) einen Durchbruch. Stand man zuvor der ökumenischen Bewegung kritisch gegenüber, wird im Dekret „Unitatis redintegratio“ die Mitarbeit an der Wiederherstellung der Einheit als eine der Hauptaufgaben des Konzils festgehalten. Dennoch war das Konzil keine – im heutigen Sinne des Wortes – „ökumenische“ Versammlung. Wenn es als Ganzes „ökumenisch“ genannt wird, ist hier vielmehr noch die alte Bedeutung gemeint: Die katholische Kirche des ganzen Erdkreises fand sich in Rom ein, also Bischöfe von allen Kontinenten. Mitglieder anderer Konfessionen konnten dagegen nur als Beobachter, das heißt ohne Stimmrecht, teilnehmen.

In Deutschland wird „ökumenisch“ häufig gleichgesetzt mit dem Austausch zwischen evangelischen und katholischen Christen, gemeint ist aber das Ringen um Einheit aller Konfessionen. Bei verschiedenen Religionen hingegen spricht man vom interreligiösen Dialog.

Sogar im Duden findet man hinter manchen biblischen Begriffen den Hinweis „ökumenisch“, wenn es verschiedene Varianten gibt, zum Beispiel „Betlehem“ (versus Bethlehem mit „h“). Das hat mit den sogenannten „Loccumer Richtlinien“ zu tun. Diese entstanden im Vorfeld einer ökumenischen Übersetzung biblischer Texte. Dafür wurde eine einheitliche Schreibweise erarbeitet. (Theresia Kamp, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Pastoraltheologie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt)