Neues Buch von Papst Franziskus

Wage zu träumen!

Während des Lockdowns im Frühjahr hat die Welt nicht viel von Papst Franziskus gesehen – aber Franziskus hat sich die Welt ganz genau angesehen. Das Ergebnis ist jetzt als knapp 200-seitiges Buch erschienen und trägt den programmatischen Titel „Wage zu träumen! Mit Zuversicht aus der Krise“.

Papst Franziskus © imago/Pacific Press Agency

Den Anstoß zu dem Buch gab die Ansprache, die Papst Franziskus kurz vor Ostern anlässlich des „Urbi et Orbi“- Segens auf dem leeren Petersplatz gehalten hat. Die Bilder des einsamen Papstes mit der Monstranz haben viele Menschen berührt. Der britische Journalist und Papst-Biograph Austen Ivereigh beschreibt, der Papst sei dort „wie ein Lotse im Sturm“ aufgetreten, „um die Menschheit durch eine ihrer dunkelsten Nächte zu leiten“. Zwei Wochen später interviewte er den Papst zur Coronakrise und regte daraufhin ein ganzes Buch über das Thema an. Franziskus stimmte überraschend zu. Dennoch ist kein Interviewbuch daraus geworden, sondern ein Fließtext in der typischen Sprache von Papst Franziskus, dem aber der Austausch mit dem Journalisten zugrunde liegt.

Im Zentrum steht die Frage, welchen Sinn diese Zeit für die Menschheit hat. Für Papst Franziskus ist sie eine Stunde der Wahrheit. In Krisenzeiten zeigten Menschen, wer sie wirklich sind. Aber Krisen böten auch Chancen zur Veränderung: „Die Grundregel einer jeden Krise ist, dass du nicht genauso herauskommst, wie du hineingegangen bist“, so das Credo des Papstes. Er möchte mit seinem Buch dazu ermutigen, dass die Menschheit besser aus der Krise herauskommt.

Viele unsichtbare Krisen

Das Besondere an der Corona-Krise ist, dass sie alle Menschen betrifft. Franziskus nimmt sie zum Anlass, für die vielen unsichtbaren Krisen zu sensibilisieren, die nur bestimmte Menschen betreffen: „Sieh uns an: Wir tragen Gesichtsmasken, um uns und andere vor einem Virus zu schützen, den wir nicht sehen können. Aber was ist mit all den anderen unsichtbaren Viren, vor denen wir uns schützen müssen? Wie werden wir mit den verborgenen Pandemien dieser Welt umgehen, den Pandemien des Hungers und der Gewalt und des Klimawandels?“

Um sein Anliegen zu verdeutlichen, vergleicht er die gegenwärtige Situation mit der Geschichte der Arche Noah. Nach der Sintflut entstand eine gerechtere Ordnung. Die Neuerungen wie die Einführung des Sabbats als Ruhetag ermöglichten damals, dass der Mensch und die Erde sich erholen konnten. Mit Blick auf heute konstatiert der Papst: „Wir haben die Bande mit unserem Schöpfer, mit der Schöpfung und mit unseren Mit-Geschöpfen vernachlässigt und schlecht behandelt. […] Covid-19 ist unser Noah-Moment, unser Weg zur Arche, der uns die Bande erkennen lässt, die uns verbinden: die Liebe und die gemeinsame Zugehörigkeit.“

Der Papst wird sehr persönlich

Handlungsbedarf sieht das Oberhaupt der katholischen Kirche an zahlreichen Stellen. Die im Buch angeführten Punkte sind nicht neu, sondern zählen zum klassischen Programm seines Pontifikats. Er fordert, an die Ränder zu gehen, Synodalität als Prinzip für Kirche und Politik umzusetzen, eine gerechtere Wirtschaft einzuführen, auf die „Zeichen der Zeit“ zu hören sowie eine ganzheitliche Ökologie zu verwirklichen.

Franziskus bleibt aber nicht auf der allgemeinen Ebene, sondern wird auch sehr persönlich. Er berichtet von eigenen „Covids“, schwierigen Momenten seines Lebens, die ihn gereinigt hätten. Als Erstes nennt er seine schwere Krankheit mit nur 21 Jahren, wegen der sein oberer rechter Lungenflügel entfernt wurde. „Ich kann mitfühlen, wie es Menschen geht, wenn sie mit dem Coronavirus am Beatmungsgerät um Atem ringen“, schreibt der Papst. Diese Erfahrung habe ihn vieles gelehrt – unter anderem, dass er „auf die Güte und die Weisheit anderer angewiesen“ ist. Und auch, dass man als kranker Mensch keinen „billigen Trost“ erträgt. Seither sage er selbst bei Krankenbesuchen nur wenig, sondern sei vor allem einfach da.

Teil einer besseren Welt

Zu seinen „Covids“ zählt er aber auch seinen Aufenthalt in Deutschland, bei dem er für seine nie fertiggestellte Doktorarbeit über Romano Guardini forschte. Die Zeit dort beschreibt er als „Einsamkeit des Nicht-Dazugehörens“. Auch hier erkennt er einen positiven Effekt: Die Entwurzelung habe ihn gelehrt, was ihm an seiner Heimat wirklich wichtig ist. Insgesamt präsentiert der Papst eine spirituelle Deutung der gegenwärtigen Krisenzeit, die immer wieder mit persönlichen Erlebnissen verknüpft wird. Seine Beobachtungen regen dazu an, den eigenen Lebensstil kritisch zu hinterfragen. Der Titel „Wage zu träumen!“ hört sich poetischer an, als sich der Inhalt erweist. Dieser ließe sich besser mit dem Appell „Wage zu handeln!“ umschreiben. Entsprechend endet das Buch mit sehr konkreten Aufforderungen: „Lass dich mitreißen, aufrütteln, herausfordern! […] Vielleicht wird es ein Altenheim in der Nähe oder das Aufnahmezentrum für Flüchtlinge oder das Projekt zur ökologischen Regeneration sein, das dich ruft. […] Und dann handle: Rufe an, mache einen Besuch, biete deine Hilfe an. […] Sage, dass du Teil einer besseren Welt sein möchtest und dass du denkst, dass dies ein guter Anfang wäre.“ (Theresia Kamp)

Buchtipp

Papst Franziskus: Wage zu träumen!

»Wage zu träumen!« ist die persönliche Auseinandersetzung des Papstes, die ihn zum Verfassen der Enzyklika »fratelli tutti« bewegt hat. Mit »Wage zu träumen!« legt Papst Franziskus nun seine neue Regierungserklärung vor. Für ihn gibt es kein zurück zur Normalität vor der Corona-Pandemie. Vielmehr appelliert er an eine Neuausrichtung der Gesellschaft und erklärt, warum wir diese sicherer und gerechter gestalten müssen.Die Corona-Krise hat die großen gesellschaftlichen Probleme wie ein Brennglas verdeutlicht. Wirtschaftliche Ungleichheit, Existenzängste und Sorgen um die Gesundheit bestimmen das tägliche Denken. Das Oberhaupt von weltweit über einer Milliarde Menschen hat dies mit großer Sorge beobachtet. Zugleich stellte er aber auch eine große Kreativität bei den Menschen fest, um mit dieser globalen Krise umzugehen.In seinem neuen Buch möchte Papst Franziskus in einfacher und zugleich kraftvoller Sprache Hilfestellungen für den Weg aus persönlichen Krisen aufzeigen. Mit großer Offenheit schildert er, wie ihn drei persönliche Krisen zu einem Besseren verändert haben.

20 € inkl. MwSt.

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